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Energiewende-Rohstoffe auf wenige Länder beschränkt

Droht jetzt ein Metall-Kartell?

© Robert Kneschke / stock.adobe.com
Die Energiewende mag die Erderwärmung verzögern, das politische Klima heizt sie jedoch schnell auf. Die Beschaffung von Rohstoffen wird in der Zukunft für erhebliche Konflikte unter den Industrienationen sorgen. Zugleich sorgt sie für interessante Investitionsmöglichkeiten – für langfristig denkende Anleger.

Die Versorgung Europas, speziell Deutschlands, mit Rohstoffen wird in der Zukunft eine immer bedeutender Rolle spielen. Die Energiewende ist auch auf diesem Gebiet eine gewaltige Herausforderung. Das Marktvolumen für die „wendekritischen Rohstoffe“ hat sich in den letzten fünf Jahren bereits verdoppelt. 2022 betrug es nach jüngsten Schätzungen der Internationalen Energie Agentur (IEA) 320 Milliarden US-Dollar.

Bis 2040 wird sich die Größe aufgrund der steigenden Nachfrage nach Elektrofahrzeugen und Batteriespeichern sowie emissionsarmer Stromerzeugung und Elektrizität mindestens erneut verdoppeln. Die Investitionen in diesem Sektor stiegen im vergangenen Jahr um 30 %, nachdem sie 2021 bereits um 20 % gestiegen waren.

Verstärkte Importe nötig, aber…

Ohne verstärkte Importe ist die Energiewende nicht zu schaffen. Andererseits erhöht das das internationale Konfliktpotential. Denn die zentralen Rohstoffe für Energiespeicher sind auf wenige Länder beschränkt. China spielt eine Schlüsselrolle. Peking kontrolliert fast alle schweren Seltenerdelemente, 91% der Magnesium- und 76% der weltweiten Siliziummetalllieferungen. Die Demokratische Republik Kongo herrscht über 60% des globalen Kobaltmarktes. Südafrika hat einen Anteil von 71% bei Platin und Russland 40% bei Palladium hält.

Der Marktanteil der drei größten Hersteller kritischer Mineralien, insbesondere in den Nickel- und Kobaltsektoren, ist in den letzten drei Jahren entweder konstant geblieben oder sogar gestiegen. Andererseits konkurrieren die Industrieländer Europas bei der Beschaffung mit Großbritannien und Nordamerika. Die verschärften Anforderungen an Umwelt-, Sozial- und Governance-Praktiken im Zuge von ESG macht die Sache nicht leichter. Das birgt auch erheblichen Konfliktstoff zwischen den Industrieländern.

Bedarf steigt um das bis zu 4,4-fache

Bis 2040 steigt – je nach Studie – der Bedarf an kritischen Mineralien um das Doppelte bis zum 4,4-fachen. Dieser Anstieg ist in erster Linie auf Elektrofahrzeuge und Batteriespeicher zurückzuführen. Aber auch emissionsarme Stromerzeugung und Stromnetze tragen erheblich dazu bei. Bis 2040 wird erwartet, dass der weltweite Gesamtverbrauch von Kupfer um 60%, von Neodym, Nickel und Kobalt um 100% bis 200% und von Lithium um 900% ansteigen wird. Die absehbaren Beschaffungslücken können durch Recycling verkleinert werden, zu stopfen sind sie damit nicht.

Allianz befürchtet Kartell-Bildung

Allianz Research befürchtet, dass sich die Lage durch eine Kartellbildung der Rohstoffreichen Länder („OMEC“) – ähnlich der OPEC bei Öl- und Gas – die Situation weiter verschärfen könnte. Ansätze dazu zeigen sich bereits im Zuge der Ausweitung der BRICS-Zone.

Eine OMEC könnte das Angebot durch Produktions- oder Exportquoten einschränken, um die Preise in die Höhe zu treiben. Das würde saubere Energietechnologien verteuern und letztendlich den grünen Übergang verlangsamen. Das Kartell könnte die Versorgung strategisch unterbrechen, um (geo-)politischen Einfluss auf Länder auszuüben, die in hohem Maße von diesen Metallen abhängig sind. Und es könnte exklusive Handelsabkommen mit ausgewählten Partnern abschließen, was seine Marktmacht weiter konzentriert, das globale Angebot nach eigenem Ermessen verlagert und es „unfreundlichen“ Ländern erschwert, sich die benötigten Ressourcen zu sichern. Für 2022 zeigen Daten aus der Global Trade Alerts-Datenbank, dass Pakistan, die USA und Indonesien am häufigsten Exportbeschränkungen für kritische Rohstoffe anwendeten. Die drei am häufigsten abgedeckten Materialien waren Aluminium, Kobalt und Helium, gefolgt von Nickel, Titanmetallen und Metallen der Platingruppe.

Die EU ist erheblich im Rückstand

Die EU ist bei der Beschaffung erheblich im Rückstand. Kobaltvorkommen konzentrieren sich zwar in der Demokratischen Republik Kongo (rund 70 % der Weltproduktion). Doch die Produkte sind im Laufe der Zeit in die Hände chinesischer und südafrikanischer Unternehmen übergegangen. Bei der Kupferproduktion stammen die größten produzierenden Unternehmen aus den USA, dem Vereinigten Königreich, der Schweiz und Kanada mit etwa einem Drittel der weltweiten Produktion unter den Top 10. Nur ein EU-Unternehmen hat seinen Sitz in Polen. 21 von 24 Materialien erfüllen derzeit nicht die Anforderung, dass mindestens 40 % des EU27-Jahresverbrauchs aus der EU-Raffinierung stammen müssen. Die Beschaffungsanteile aus Drittländern in der EU reichen von 61 % für Aluminium bis zu 100 % für Baryt, Beryllium oder Niob.

Rückbesinnung auf eigene Vorkommen

Die EU wird sich teilweise auf eigene Vorkommen besinnen müssen. Der Kontinent über ein erhebliches Potenzial für Batterierohstoffe wie Lithium, Kobalt, Nickel, Grafit und Mangan. Frankreich, Deutschland und Portugal sind reich an Lithium, und Frankreich bereitet sogar die Eröffnung einer großen Lithiummine vor. Auch in ganz Europa gibt es erhebliche ungenutzte Kobaltvorkommen, und es wurden auch Seltenerdelemente entdeckt. Allerdings fehlt es an einer umfassende Bewertung des geologischen Potenzials. Und es ist mit massivem Widerstand der Bevölkerung zu rechnen.

Fazit: Die EU hat bei der grünen Wende den zweiten Schritt vor dem ersten getan. Das gilt für die Rohstoffsicherung bei Metallen ebenso wie bei der Energiesicherung. Die Folgen werden in Knappheitsregimen und hohen Preisen zu spüren sein und die Wettbewerbsfähigkeit der betroffenen Industrien ebenso beeinträchtigen wie den Wohlstand der Verbraucher. Für Investoren aber, die auch hohe Kursschwankungen aushalten, zeigen sich mittelfristig erhebliche Gewinnchancen bei den erwähnten Rohstoffen.
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