Richtungswahl
Die klare Stellungnahme von Wolfgang Schäuble pro Merz sorgt für einen „Bekenner-Wettbewerb". Der Sozialflügel mit Karl-Josef Laumann und Altvorderen wie Norbert Blüm, Kurt Biedenkopf, aber auch Daniel Günther (Ministepräsident Schleswig-Holstein) oder Merkels Schoßhund Peter Altmaier (Wirtschaftsminister) und Annette Widmann-Mauz (Frauen- Union) werfen sich für AKK in die Bresche. Sicherheits-, Wirtschafts- und Finanzpolitiker sowie Außenpolitiker gehen für Merz in die Bütt. Schon hier verfestigt sich das Klischee: Merz, Mann, „harte Themen", AKK, Frau, „weiche Themen".
Zerissenheit wird bleiben
Sicher scheint, dass die Partei innerlich nur schwer zusammenfinden wird; egal, wer sie künftig führt. Innerlich zerrissen ist sie schon sehr lange und jedes Jahr ein wenig mehr. Viele sehen die Linksdrift in Richtung Sozialdemokratie, die schon unter Helmut Kohl begonnen hatte und unter Angela Merkel ihre Fortsetzung fand, als „Zukunftssicherung" an. Der andere Teil glaubt, dass dieser Kurs zur langsamen Marginalisierung der CDU führen wird.
Die meisten Delegierten hoffen darauf, dass Merkel bereits zur Halbzeit der Wahlperiode das Kanzleramt räumt. Das sei die „richtige" Lösung, heißt es – wie auch immer das im Bundestag inszeniert wird. Aber alle wissen: Kommt dann Merz, ist es äußerst unsicher, ob die SPD bei der Stange bleibt. Das dämpft die Euphorie in Teilen der Partei für den „Phoenix". Auch mit AKK an der Spitze wird der „Halbzeitwechsel" im Kanzleramt als eine denkbare Option angesehen. Dann könnte man die SPD leichter „bei der Stange halten".
Wirtschaft als Hauptargument
Ein wichtiger Diskussionspunkt ist die wirtschaftliche Perspektive. Sie spricht für und gegen Merz. Deutschland läuft in einen Abschwung hinein. Die Staatseinnahmen werden zurückgehen. Die demografische Unwucht wird sich in den nächsten Jahren immer deutlicher zeigen und die Staatskassen belasten. Da es im Bundeskabinett schon jetzt nur wenig Wirtschaftskompetenz gibt, wird ein Kandidat mit Wirtschaftsverstand als äußerst wichtig angesehen, um das Schiff auch in unruhiger See auf Kurs zu halten. Viele trauen Merz das zu.
Andererseits wird gerade in wirtschaftlich schlechteren Zeiten der gesellschaftliche Zusammenhalt noch schwerer zu bewerkstelligen sein. Das spräche für AKK, heißt es. „Ideal wäre es, wir könnten beider Kompetenzen verbinden", sagen immer wieder Delegierte. Doch die Hoffnung darauf ist gering: „Wenn Merz hier nicht Vorsitzender wird, ist er wieder weg", unkt ein Christdemokrat. AKK aber werde sich wieder einordnen, sollte sie den Kürzeren ziehen. Insofern wäre die Wahl von Merz so gesehen der langfristig bessere Ausgang für die Partei.
Fazit:
Die Sympathien halten sich die Waage. Viele Delegierte sind hin- und hergerissen. Entscheiden dürfte die Rede, die die Kandidaten morgen halten.