Aggressive Expansion: Chinas Chip-Strategie
Der Chip-Industrie könnte ein neuer China-Schock bevorstehen. Denn die aggressive Expansion bei reifen Chip-Generationen und Nischen-Substraten (bekannt als Legacy Chips) setzt die Preise bereits unter größeren Druck. Experten warnen, dass aggressive Preissenkungen durch chinesische Anbieter den Wettbewerb verzerren, die globalen Lieferketten stark verändern und westliche Unternehmen unter Druck setzen dürften. Das würdevor allem kleinere Anbieter treffen.
Der Anteil Chinas am Markt für reife Halbleiter wächst derzeit rasant. Reife Halbleiter sind Technologien, die weniger komplex als die neuesten Chips sind, aber eine entscheidende Rolle in vielen Bereichen unseres täglichen Lebens spielen. China verstärkt vor allem seine Bemühungen, inländische Lieferketten in Bereichen aufzubauen, die noch nicht oder nur teilweise von US-Exportbeschränkungen betroffen sind. Schätzungen von IDC zufolge, sollen die chinesischen Kapazitäten für reife Chips in diesem Jahr etwa 28% des Weltmarktes ausmachen. Der Branchenverband SEMI prognostiziert, dass der Anteil bis 2027 auf 39% steigen könnte.
China baut Produktionskapazitäten rasant aus
Ein besonders rasanter Preisverfall ist bei dem Halbleiterrohstoff Polysilizium zu beobachten. Hier soll der Preis seit den Höchstständen im August 2022 um mehr als 70% eingebrochen sein. Das sei vor allem auf den massiven Ausbau der Produktionskapazitäten in China zurückzuführen. Die Unternehmen können wegen der einsetzenden Skalierungseffekte inzwischen deutlich günstiger zu produzieren als amerikanische und europäische Hersteller. Die milliardenschweren Investitionen chinesischer Unternehmen wie SMIC, HuaHong Group und Nexchip hat bereits in einigen Bereichen zu einem Überangebot geführt.
Die USA und Europa arbeiten parallel daran, ihre heimische Produktion zu fördern und die Abhängigkeit von chinesischen Lieferungen zu beschränken. Dennoch könnten Unternehmen wie GlobalFoundries, On Semiconductor und Texas Instruments aus Amerika und europäische Akteure wie STMicroelectronics oder Infineon Technologies durch Chinas kostengünstigere Produktion und staatliche Subventionen unter Druck geraten. Das erwarten Branchen-Experten.
Droht der Halbleiter-Industrie das Solar-Schicksal?
Analysten weisen im aktuellen Umfeld auf große Parallelen zu der Solarbranche hin. China hat durch massive staatliche Subventionen und eine aggressive Preispolitik eine dominante Marktposition erreicht. Das hat zu einem globalen Preisverfall bei Solarmodulen geführt und viele westliche Hersteller aus dem Markt gedrängt - trotz hoher Subventionen. Ähnlich ist gerade die Ausgangslage in der Halbleiterindustrie.
Experten halten es darum für wahrscheinlich, dass die USA in Zukunft verstärkt auch reifere Halbleiter in ihre Exportkontrollen einbeziehen werden. Das gilt vor allem dann, wenn sie feststellen, dass diese Chips indirekt militärische Anwendungen unterstützen könnten.