Am Gasmarkt verzockt
Europa zahlt hohe Gaspreise auch wegen misslungener Spekualtion. Etliche Großunternehmen und Versorger haben in den vergangenen Monaten der Corona-Krise von langfristigen Kontrakten auf Terminmarkt-Orders umgestellt. So ging der Absicherungseffekt über mittelfristige Preisbindungen verloren. Die Versorger müssen jetzt zum Spotmarktpreis einkaufen – und die Preisspitzen voll zahlen.
Der Hintergrund, so wird von Gasmarkt-Insidern gegenüber FUCHS behauptet, sei in der Corona-Krise die Gewinnmaximierung gewesen. Einerseits gab es in dieser Krisenzeit einen hohen Gasvorrat bei relativ geringem Verbrauch. Darum wollten die Versorger von den geringen Preisen profitieren und zugleich Liquiditätsmanagement betreiben. Sie haben begonnen, in kürzeren Fristen in sinkende Preise hinein einzukaufen. In der Corona-Krise hat das funktioniert, jetzt schlägt das Pendel in die andere Richtung aus – und treibt insbesondere kleinere Versorger in den Ruin.
Auch Gazprom hat sich verzockt
Aber auch bei Gazprom intern brennt die Hütte. Denn Gazprom Deutschland agiert unabhängig innerhalb des Konzerns. Sogar die Manager der deutschen Gazprom haben die schnell steigenden Preise nicht im Ansatz erkannt und viel zu wenig Gas geordert. Das lag auch daran, dass viele Versorger wenig auf Vorrat bestellt haben. So hat Gazprom „dicht am Cashflow“ Gas von der Mutter aus Russland geordert, verrät uns ein Insider. Nun muss die deutsche Tochter selber sehr teuer bei der russischen Mutter einkaufen. „Das wird hart intern verrechnet und es dürften hier noch einige Köpfe rollen“, so die Einschätzung.
Parallel zu dieser Entwicklung arbeitet Gazprom gerade an der Umsetzung eines Steuersparmodells. Da die deutsche Gazprom für Einkäufe bei der Mutter volle deutsche Steuern zahlen muss, wird gerade über eine Umstrukturierung debattiert. Ziel soll es sein, die deutsche Gazprom bei einer russischen Firma anzugliedern, so dass der Gasverkauf innerhalb des Konzerns abgwickelt wird und somit künftig am deutschen Fiskus vorbeiläuft.Fazit: Etliche Zwischenversorger, die in Deutschland mit Lockangeboten beim Anbieterwechsel für sinkende Energiepreise (auf hohem Niveau) gesorgt haben, werden aufgrund von Fehlspekualtionen noch "über die Wupper" gehen. Das wird den Gaspreis zusätzlich antreiben.