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Handelsbeziehungen mit China effizient abwägen

Asiatischer Markt im Blick

China © Stephen Finn / Fotolia
Beim Einkauf in China sind verschiedene Faktoren zu beachten. Zwei Insider erzählen von ihren Erfahrungen und erklären, worauf in den Handelsbeziehungen besonders geachtet werden muss.

Das von Politikern und Konzernlenkern propagierte De-Risking ist eine „Ohrfeige für jeden strategischen Einkäufer“, sagt Uwe Günther. Günther war bis 2021 Chefeinkäufer bei der Deutschen Bahn und weltweit für den Einkauf zuständig. Im Einkauf geht es darum, Wettbewerb zu forcieren und Druck auf bestehende Lieferanten aufzubauen. Dafür muss man die internationalen Märkte, Qualität und Kosten und andere Einflüsse kennen. Das ist zwar keine neue Erkenntnis, aber wer sich unter Kosten- und Ergebnisdruck darüber noch kein Bild gemacht hat, müsse die Versorgungssicherheit teuer erkaufen. Die technologische und marktbeherrschende Entwicklung in China sei ohnehin über die Jahre so rasant fortgeschritten, dass ein De-Coupling (wirtschaftliche Entkopplung von Volkswirtschaften) dieses Einkaufsmarktes nicht zur Debatte stehe, schätzt Günther ein. Denn sonst würden ganze Industriezweige in Europa lahmgelegt.

"China plus x"

Für die DB hat Günther den Auf- und Ausbau des Einkaufsbüros in Shanghai vorangetrieben. Von dort aus nahm sein Team den gesamten asiatischen Markt in den Blick – neben China auch Japan, Korea, Indien, Malaysia, Indonesien und weitere Märkte. "China plus X" sozusagen. Sein Rat: Die personelle Ausstattung eines Einkaufsbüros sollte mit kompetenten, international agierenden Mitarbeitern sichergestellt werden. Ihnen müsse man entsprechende, klare Zielvorgaben geben. Wichtiger Faktor: „interne  und externe Verbündete, die Einkaufsziele mittragen und laufend unterstützen – vom Vorstand über die Geschäftsfelder bis zum Bedarfsträger und Kunden“.

Single Sourcing vermeiden

„Kein kluger Einkäufer darf sich freiwillig in eine Single-Sourcing Situation begeben, auch nicht bei einem noch so großen Kostenvorteil.“ Das sei schließlich elementarer Teil strategischen Lieferantenmanagements. Er habe keine chinesische Firma kennengelernt, die sich Forderungen widersetzt oder die DB  bewusst hintergangen hätte. „Es gibt eher Bestrebungen, auch auf diesen Gebieten bestimmend zu sein und eigene Interessen durchzusetzen. Der Einkauf muss aber klar Position beziehen und notfalls Anbieter vom Wettbewerb ausschließen.“

Handwerkliche Fehler

Viele machen handwerkliche Fehler, zum Beispiel in Verhandlungen, erzählt Bernhard Weber. Weber hat seit 1994 verschiedene Leitungsfunktionen in China inne, u.a. bis 2018 Chief Administration Officer bei BSH für Greater China oder aktuell erster stellvertretender Vorsitzender beim China Netzwerk Baden-Württemberg. Weber erwähnt die kulturelle Ignoranz, die zusätzlich hinzukommen mag bei Verhandlungen sowie die falschen Leute vor Ort. "Nach wie vor gibt es nicht genug Verständnis für den chinesischen Markt und die Dynamik“. Es sei extrem wichtig, vor Ort gute lokale Mitarbeiter und erfahrene Ausländer, die als Bindeglied zwischen dem deutschen Stammhaus und der chinesischen Seite agieren können. "Idealerweise chinesisch-sprachige Europäer, die im Einkauf drei, vier Jahre das Handwerk und die eigene Firmenkultur gelernt haben.“

Nicht erpressen lassen

Viele Einkäufer kennen den Hersteller, bei dem sie einkaufen nicht. Das ist problematisch, erklärt Weber. Dadurch sind sie auf chinesische Agenturen angewiesen. Das kostet zusätzlich Geld und behindert den Zugriff auf die tatsächlichen Quellen. Weber warnt auch davor, sich von Monopolisten erpressen zu lassen. „Auf keinen Fall sollte man sich nach der Vertragsunterzeichnung nochmal in Preisdiskussionen verwickeln lassen.“

Fazit: De-Risking-Strategien können nur unter Einbindung des – professionellen – Einkaufs analysiert werden. De-Risking-Entscheidungen mit weitreichenden, teuren Konsequenzen im Hinblick auf „China+1“, „China+X“ oder gar einen kompletten Rückzug lassen sich nur dann sinnvoll treffen, wenn das komplexe China-Geschäft tatsächlich verstanden ist.
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