Bank of England ruft "Whatever it takes"
Die Bank of England greift zu einer scharfen Rettungsmaßnahme, um den Zinsanstieg zu bremsen und das fallende Pfund zu fangen. An den Börsen löst das heftige Marktreaktionen aus. Die sind aber nur ein Strohfeuer. Oder gelingt es der BoE, eine Richtungsänderung auszulösen?
An den Börsen herrscht gerade ein "inverses" REWE-Motto: Statt jeden Tag ein bisschen besser geht es an den Börsen einfach jeden Tag ein Stückchen tiefer. Der DAX ist zwischenzeitlich auf 11.800 Punkte gerutscht. Der Dow hat sich bis auf 28.900 Zähler vorgetastet und der S&P 500 hat die Marke von 3.600 Punkten touchiert.
Nicht einmal die faustdicke Anleihen-Überraschung der Bank of England (BoE) konnte die Märkte so richtig beruhigen. Die BoE hat entschieden, britische Staatsanleihen zu kaufen. Das soll den steilen Renditeanstieg im Gefolge der Leitzinserhöhungen und der davoneilenden Inflation mindern. Zugleich sollen die Käufe des in den freien Fall übergegangene Pfund (GBP) abfangen (mehr zu Währungsanalysen und Anlageempfehlungen lesen Sie regelmäßig in FUCHS-Devisen).
BoE sagt: Whatever it takes
Die BoE hat damit einen "Whatever it takes"-Moment erlebt. Das Bizarre an der Entscheidung: Einerseits zieht die BoE die Zinsen nach oben, um die Inflation zu zügeln. Andererseits emittiert sie nun viel Geld und finanziert direkt den Staatshaushalt. Diese widersprüchlichen Maßnahmen werden die Zinsen voraussichtlich kurzfristig "einfangen" und das Pfund halten. Langfristig wird das GBP aber weicher und die BoE macht sich angreifbar für Spekulationen gegen sie.
Die BoE ist jetzt auf einer ähnlichen Linie unterwegs wie die Europäische Zentralbank. Auch die EZB wird die Zinsen weiter anheben, will aber zugleich eine "zu starke Spreizung" bei den Anleihezinsen mit gezielten Käufen verhindern. Die EZB hat aufgrund der Größe des Währungsraumes im Vergleich zu UK dafür sogar etwas weniger schlechte Erfolgsaussichten.
Strohfeuer-Erholungen an den Börsen
An den Aktienbörsen hat die BoE einen steilen Kursanstieg ausgelöst. Das war aber nur ein Strohfeuer. So schnell wie es nach oben ging, so schnell wurden die Kursgewinne am nächsten Morgen wieder abverkauft. Die Börsen ringen nach wie vor um die wichtigen Unterstützungen. Unser Bild bleibt konstant. Vom aktuellen Niveau aus kann es eine durchaus kräftige Bärenmarkt-Rallye geben. Eine fundamentale Trendwende sehen wir noch nicht.
Der Salami-Crash wird noch weitergehen. Grundlegende Veränderungen im konjunkturellen Big Picture oder Richtungsänderungen der Notenbanken sind noch nicht erkennbar. Zudem bleibt die Lage in Europa extrem politisch angespannt.
Fazit: Die Märkte bleiben im Bärenmarkt-Modus und tapsen ruhig immer tiefer. Ab und an sehen sie mal kurz nach oben, um dann weiter nach unten zu steigen. Taktiker spekulieren von den Tiefs aus auf kurzfristige Gegenbewegungen. Strategen steigen an diesen Punkten Schritt für Schritt ein. Für eine fundamentale Trendwende fehlt noch ein Panik-Selloff - und ein neues großes Bild.