Battle day in Karlsruhe
Die Nominierung der bisherigen IWF-Chefin Christine Lagarde zur Nachfolgerin von „Leichtgeld-Matrose" Mario Draghi bringt das Bundesverfassungsgericht in die Bredouille. Denn damit wird die Politisierung des Euro weiter vorangetrieben. Ein Kurswechsel in der Geldpolitik wird immer undurchführbarer. Die EZB dürfte immer tiefer im geldpolitischen Sumpf versinken, den sie selbst geschaffen hat.
Der nächste „battle day" in Karlsruhe ist am 30./31. Juli. Dann ist das Verfassungsgericht aufgefordert , der Bundesbank zu gebieten, sich künftig nicht mehr am Ankauf von Wertpapieren des öffentlichen Sektors (Staatsanleihen) an den Sekundärmärkten beteiligen zu dürfen.
Karlsruhe teilt die Rechtsauslegung der Luxemburger Richter nicht
Die Karlsruher Richter stecken in der Zwickmühle. Sie haben anerkannt, dass in europarechtlichen Fragen der EuGH in Luxemburg das letzte Wort hat. Andererseits teilen sie dessen Rechtsauslegung nicht. Der EuGH hat der EZB im Dezember 2018 für alle geldpolitischen Operationen einen Blankoscheck ausgestellt. Damit aber greift die EZB in das Königsrecht des Bundestages ein: das Haushaltsrecht. Einfach erklärt: Was passiert, wenn Anleihen im Bestand der EZB (die rechtlich zu knapp 30% eine Tochter der Bundesbank ist) falliert? Dann trägt der deutsche Steuerzahler zwangsläufig die Verluste mit. Ähnliche Vorbehalte gibt es gegen die Konsequenzen der Bankenunion.
Die Personalie Lagarde weist den Verfassungsrichtern keinen Ausweg. Denn:
Lagarde befürwortet weitere Schuldenaufnahme für „investive Zwecke".
Und sie verabscheut regelrecht das Bundesverfassungsgericht und den Bundestag als juristische und politische Entscheidungsträger letzter Instanz.
Lagarde verabscheut die Letztentscheidungsbefugnis von deutschem Bundestag und Bundesverfassungsgericht
Legendär sind die Auseinandersetzungen zwischen Lagarde mit Ex-Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (die persönlich befreundet sind). So wird von mehreren Personen gleichlautend berichtet, Lagarde habe Schäuble angekeift, sie werde den Raum verlassen, wenn er noch einmal das Wort Bundesverfassungsgericht in den Mund nähme. In Karlsruhe kennt man diese Erzählungen sehr genau!
Und auch die Letztentscheidung des Parlaments – etwa beim Bankenabwicklungsfonds SRM – kann (verständlicherweise) Lagarde nicht nachvollziehen. Dies sogar zu recht. Denn da geht es im Ernstfall um Meinungsbildung und kurzfristige Entscheidungsnotwendigkeiten am Wochenende, die das Parlament nicht leisten kann.
Fazit
Karlsruhe muss alsbald entweder den endgültigen Kotau unter den EuGH vollziehen. Oder es muss die Richtersprüche aus Luxemburg zur EZB-Politik als das deklarieren, was sie sind: offensichtliche Willkür. In diesem Fall nämlich darf Karlsruhe Luxemburg die Gefolgschaft verweigern.