Die Europäische Zentralbank (EZB) drückt die Zinsen immer weiter nach unten. Ab Laufzeiten von vier Jahren fallen die Konditionen aufgrund der massiven Käufe von Staatsanleihen noch einmal deutlich. Insbesondere am langen Ende sind Finanzierungen viel günstiger geworden. Inzwischen verläuft die Zinsstrukturkurve bis in den 5-jährigen Bereich fast waagerecht nahe bei Null (vgl. Chart). Erst danach steigen die Zinsen bis in den Bereich der 15-jährigen sanft an. Insgesamt liegen die Konditionen deutlich unter denen des Vormonats.
In den nächsten Wochen wird die Zinsstrukturkurve ihren Verlauf noch weiter abflachen. Bei deutschen Staatsanleihen notieren inzwischen 71% aller Papiere im negativen Bereich. Bei 10-jährigen Anleihen liegt die Rendite bei 0,08%. Vor einem Monat waren es noch 0,14%. Da die Notenbank ihre Käufer fortsetzen wird, werden auch die Anleihenrenditen weiter nachgeben. Weil die Zinsen am kurzen Ende bereits negativ sind, werden besonders die Konditionen am langen Ende sinken.
Viele deutsche Unternehmer profitieren aber gar nicht von den günstiger werdenden Konditionen. Denn nur ganz wenige Unternehmer benötigen derzeit überhaupt Kredit und fragen Finanzierungen nach. Die KfW rechnet nach einer eigenen Unternehmensumfrage damit, dass das Kreditneugeschäft der Banken mit Firmenkunden im Jahr 2015 sinken wird (1. Quartal plus 0,5%). Vielmehr sei davon auszugehen, dass etliche Unternehmen ihre Kredite sogar weiter zurückführen.
Das potenziell hohe Kreditangebot der Geldhäuser findet in Deutschland wenig Abnehmer. Vor diesem Hintergrund erklärt sich das erneute Sinken der ifo Kredithürde. Diese misst, wie stark die Restriktionen der Banken bei der Kreditvergabe sind. Ende März empfanden nur noch 16,1% aller Unternehmen die Banken als restriktiv. Selbst im Baugewerbe, einer Branche, deren Unternehmen traditionell oft Schwierigkeiten bei der Kreditgewährung haben, berichtet nur noch jede fünfte Firma von Problemen bei der Kreditgewährung durch Banken. Das ist ein historischer Tiefstand.
Hinzu kommt, dass der deutsche Mittelstand seine Finanzierungsquellen erfolgreich diversifiziert. So haben Mittelständler ihre Emissionen von Schuldscheinen binnen eines Jahres um 60% gesteigert. Im ersten Quartal 2015 haben sie Papiere im Volumen von 530 Mio. Euro ausgegeben. Im Vorjahresquartal waren es nur 330 Mio. Euro, so Thomson Reuters. Die größte Emission kam von Gerry Weber (130 Mio. Euro).
Fazit: Die Finanzierungskonditionen für Unternehmen werden aufgrund der EZB-Käufe weiter sinken – hauptsächlich bei langen Laufzeiten. Die Banken versuchen, freigiebiger zu werden, aber die Kreditnachfrage ist nicht hoch genug. Darum lockern sie grundsätzlich die Bonitätsbeurteilung und sind bei Konditionsverhandlungen beweglicher.