Die Europäische Zentralbank (EZB) wird in dieser Woche ihre argumentative Wendigkeit unter Beweis stellen. Nach dem Zentralbanktreffen am Donnerstag wird die EZB an all ihren bisherigen Entscheidungen festhalten. Auch das verlängerte und bei den Laufzeiten ausgeweitete Anleihenkaufprogramm wird sie nicht zur Disposition stellen.
Mit Blick auf die kräftig gestiegene Geldentwertung in der Eurozone wird sie ihren Inflationsfokus verschieben. Zwar ist die Inflationsrate auf 2,0% in der Eurozone gestiegen (Dtld.: 2,2%). Aber die europäischen Währungshüter werden darauf hinweisen, dass dies fast ausschließlich auf gestiegene Energie- und Nahrungsmittelpreise zurückzuführen sei. Die Kerninflation – so wird es EZB-Präsident Mario Draghi erklären – liege aber aktuell weiterhin mit 0,9% noch weit weg vom EZB-Inflationsziel von „nahe, aber unter 2%“.
Dieser absehbare Wechsel in der EZB-Argumentation hat ein fades G‘schmäckle. Denn als die Rohstoffpreise vor einem Jahr abstürzten und die Inflationsraten in den Keller zogen, rechnete die Notenbank die Rohstoffpreise mit ein und nutzte das Argument einer drohenden Deflation, um ihre freigiebige Geldpolitik zu rechtfertigen. Die Kerninflationsrate lag damals aber klar über Null.
Die aktuellen Inflationszahlen werden sich als kurzzeitige Spitze herausstellen. Da in den Energiepreisen der Basiseffekt zu wirken beginnt, werden die Inflationsraten schon bald wieder nachlassen. Entscheidend für einen erneuten Politikwechsel der EZB ist die Kerninflation. Aber auch diese Rate zieht allmählich an.
Die Marktzinsen haben sich ohnehin von der EZB-Politik entkoppelt. Bereits vorigen Monat waren sie nach oben vorausgelaufen. Nun rutschen sie am langen Ende bereits wieder kräftig nach unten (siehe Grafik).
Das spiegelt sich in den Finanzierungkonditionen. Parallel zu den wieder fallenden Marktzinsen passen die Geldhäuser ihre Konditionen an. Die jüngsten Tiefstände erreichen die Kreditkosten aber nicht mehr. Diese Bewegungsmuster passen perfekt zu einer klassischen Bodenbildung.
Fazit: Die Finanzierungssituation bleibt für Unternehmen weiter sehr günstig. Langfristige Finanzierungen werden in den kommenden Wochen wieder etwas günstiger. Am kurzen Ende werden sich die Konditionen kaum bewegen.