Dampf beim Zahlungsverkehr
Not macht erfinderisch. So hatte selbst die Finanzkrise ihr Gutes – für den Zahlungsverkehr. Ein neues Zahlungsmodell kommt dadurch jetzt in Mode.
Unternehmen nutzen verstärkt Supplier-Finance-Programme (SFP), um ihr Umlaufvermögen zu optimieren. Es handelt sich um die Übertragung des Supply Chain Management – des Prozessmanagements der gesamten Lieferkette – auf den Zahlungsverkehr. „Erfunden“ wurde das Instrument im Zuge der Finanzkrise 2008. Damals wurden damit Liquiditätsengpässe einzelner Lieferanten überbrückt. Praxisbeispiele: DHL setzt das Modell bei langjährigen wichtigen Lieferanten ein. Nimmt ein Lieferant am SFP teil, stellt er seine Rechnung wie gewohnt an die Post. Sein Geld erhält er nach wenigen Tagen von einer Bank, die seine Forderungen begleicht. Für die schnelle Zahlung gewährt der Lieferant der Bank einen Abschlag vom ursprünglichen Rechnungsbetrag. Der liegt deutlich unter dem Prozentsatz, den er seiner Hausbank zur Zwischenfinanzierung der gleichen Summe hätte zahlen müssen. Die Post zahlt den vollen Rechnungsbetrag zum vereinbarten späteren Zeitpunkt an die Bank. Welche Lieferanten aufgeschaltet werden, entscheiden Einkauf und Finanzabteilung gemeinsam. Siemens hat eine eigene elektronische Plattform entwickelt. Ausgewählte Lieferanten können am bankenunabhängigen Programm Supply Chain Finance@Siemens teilnehmen. Damit können sie ihre Forderungen unabhängig von der Höhe der Einzelforderung bei 100% Bevorschussung verkaufen. So verbessern sie Cashflow und Bilanzstruktur. Prinzip: Auf der elektronischen Plattform treffen sich Kunde, Lieferant, Finanzierer. Sie klären, zu welchen Konditionen offene Rechnungen vorzeitig beglichen werden können. Der Lieferant liefert an Siemens und stellt seine Rechnung. Siemens bestätigt die Verbindlichkeit. Der Lieferant sieht seine Forderung auf einer Webplattform online und bietet sie dem Programm zum Verkauf an. Der Zahlungseingang erfolgt innerhalb von zwei Bankarbeitstagen. Siemens zahlt zur Fälligkeit nach 90 Tagen an das SFP-Programm. Der Lieferant zahlt einen Abschlag vom Forderungsnominalwert als Gebühr zur Finanzierung des Programms. Einkauf und Finanzen sollten immer an einem Tisch sitzen. Lassen Sie sich von den Banken versichern, dass Kundenbeziehungen aufrechterhalten werden und Prozesse ungestört bleiben. Die Verhandlungen mit dem Käufer sind meist unkompliziert. Schwieriger: das Aufschalten der Zulieferer. Ist der Lieferant nicht überzeugt, scheitert die Aktion. Daher sollten Sie die Auswahl der Teilnehmer mit dem Einkauf sorgfältig diskutieren.
Fazit: Eine interessante Variante, von der Lieferant wie auch Bezieher und Finanzierer profitieren. Entscheidend für den Erfolg ist die Auswahl der Partner.