Gerichte streiten heftig über Qualitätsmaßstäbe für Prüfsiegel
Will die Firma ein Gütesiegel für die Werbung ihrer Produkte einsetzen, dann ist es nicht zu kritisieren, wenn das Prüfinstitut Entgelt für das Testat verlangt. Es ist deshalb nicht weniger wertvoll.
Allein entscheidend ist, ob beim Qualitätscheck des Produkts auch die objektiv richtigen Kriterien zur Anwendung kommen. An diesen strengen Maßstäben hält der Bundesgerichtshof (BGH) unverändert fest.
OLG Düsseldorf kontert BGH
Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf hatte zuvor die Klage von Wettbewerbshütern gegen das IDV-Gütesiegel für Fugendicht- und Klebstoffe abgewiesen. Die Verteidiger eines fairen Wettbewerbs bemängelten, dass kein „echtes Gütesiegel“ vergeben worden sei.
Laxes Europarecht
Für das OLG war dies aber kein Grund, in die inhaltliche Prüfung der Kriterien einzusteigen. Die Richter verwiesen stattdessen auf die, durch Europarecht eingeführte sogenannte „Gewährleistungsmarke“. Sie hätten wesentlich 'laxere Qualitätsmaßstäbe'. Die strengeren Prüfsiegel-Kriterien des BGH seien deshalb überholt und nicht mehr anzuwenden.
Der erste Senat des BGH zeigt sich ‚not amused‘ über diese Sichtweise. Er pocht gegenüber dem OLG auf strikte Überprüfung der qualitativen Kriterien. Irreführend sei die Verwendung eines Gütesiegels nur dann, wenn der Verleihung eine inkompetente, an nicht objektiven und aussagekräftigen Kriterien orientierte Prüfung vorausgegangen sei.
Gericht muss Prüfungsqualität ermitteln
Das OLG hätte deshalb die Aufgabe gehabt, dies zu prüfen. Dies sei jetzt nachzuholen. Dabei sei es jedoch unwesentlich, ob der beauftragte Prüfer für die Durchführung der Tests oder die Verleihung des Siegels ein Entgelt erhalte. Dadurch werde die Neutralität des Dritten nicht beeinträchtigt.
Fazit: Die Zahlung einer angemessenen Gebühr für die Durchführung einer Prüfung oder die Verleihung des Siegels steht der Neutralität der Prüfeinrichtung und der Qualität des Siegels nicht entgegen.
Urteil: BGH vom 4.7.2019, Az.: I ZR 161/18