Günstige Wasserstoffimporte zu erwarten
Die Wasserstoffpreise in Deutschland werden niedriger sein als von vielen erwartet. Denn ein Großteil der Importe kann über Pipelines gedeckt werden. Das zeigt eine Studie von Agora Energiewende. Der nationale Wasserstoffrat, ein Beratungsgremium der Bundesregierung, schätzt die Kosten für grünen Pipelinewasserstoff bei einer Transportstrecke von 4.000 km auf etwa 12 Euro je MWh. Beim Schiffstransport läge der Preis für dieselbe Strecke bei 40 Euro/MWh (je bei guter Auslastung der Transportinfrastruktur).
Hintergrund: Die Kosten für Wasserstoff unterscheiden sich je nach der Art des Transportweges stark. Beim Pipelinetransport kann H2 unverändert gasförmig transportiert werden. Beim Transport per Schiff muss er entweder verflüssigt oder in andere Stoffe (z.B. Ammoniak) umgewandelt werden. Das führt zu größeren Energieverlusten und damit zu höheren Kosten.
Viele Wasserstoffproduzenten rund um Deutschland
Die Ausgangslage für die Versorgung mit Wasserstoff ist für Deutschland günstig. Selbst große Mengen Wasserstoff können mit Pipelines importiert werden. Es gibt genügend Regionen, die im Umkreis von etwa 4.000 km um Deutschland große Mengen Wasserstoff herstellen können. 2035 könnten es schon 100 TWh sein. Damit kann ein Großteil des erwarteten Bedarfs (95 bis 130 TWh) gedeckt werden.
Die Nordsee-Region kann eine wichtige Wasserstoff-Quelle sein. Länder wie Norwegen, Dänemark und Großbritannien kommen hier als Produzenten infrage. Aus Südwesteuropa und Nordafrika (Spanien, Portugal und Marokko) ist ein weiterer Pipelinekorridor möglich. Nordafrika und Südeuropa mit Tunesien und Algerien sind ebenfalls potenziell relevante Erzeugungsländer. Für die gibt es schon eine erste Absichtserklärung und Planungen zu der Pipeline SouthH2 über Italien und Österreich (FB vom 6.6.). In geringerem Maß kann auch aus Schweden und Finnland bzw. der Ukraine und Griechenland Wasserstoff importiert werden.
Umbau bestehender Erdgaspipelines
Ein großer Vorteil ist, dass die bestehende Erdgaspipelines für den Wasserstofftransport umgebaut werden kann. Aus den großen vier Import-Regionen müssten nur etwa ein Drittel bis etwas über die Hälfte der Pipelinekilometer neu gebaut werden. Die geschätzten Gesamtkosten für den Umbau bereits existierender Pipelines aus den vier Wasserstoffregionen liegen bei 13 Milliarden Euro. Das ist extrem wenig im Vergleich zu den nötigen Investitionen in Wind- und Sonnen-Energie und auch im Vergleich zu den Rüstungsausgaben.
Parallel dazu nehmen die Investitionen in die Erzeugung zu. Die niederländische Bank ING rechnet damit, dass die EU-Regulierung von blauem Wasserstoff (aus Erdgasen hergestellt) die Produktion antreiben wird. Die Internationale Energie-Agentur sieht die Nordsee-Anrainer-Staaten als führend in der Entwicklung der Wasserstoff-Wirtschaft, mit dem geplanten Bau einer Kapazität von 40 GW Wasserstoff-Anlagen bis 2030.