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Versorgungskollaps: Kampagne gefordert

Sind zwei Fahrer auf einem Lkw die Lösung?

LKW auf einer Autobahn. Copyright: Pexels
In den USA werden schon viele tausend Euro Abwerbeprämien für Fahrer gezahlt. Der Logistikbranche in Deutschland fehlen bis zu 60.000 Lkw-Fahrer. Die einschlägigen Verbände verweisen auf den drohenden Versorgungskollaps. Einen Lösungsansatz gibt es. Aber taugt der?

Angesichts des eklatanten Fahrermangels müssen dringend neue Konzepte her. Eine der Ideen: Zwei Fahrer in einem Lkw könnten eine Lösung sein. Die Kühne Logistics University (KLU, Hamburg) meint, dass Unternehmen mehr Effizienz erreichen, wenn sie auf bestimmten Strecken Zweierteams auf die Dienstreise im Lkw schicken.

Das gelte auch für Länder mit hohem Lohnniveau. Was auf den ersten Blick verblüfft, hat durchaus Berechtigung. Denn Routen- und Fahrereinsatzplanung sind nicht nur wegen des Termindrucks – auch bei Luftfracht, die zum Airport muss – kompliziert. Auch die gesetzlichen Lenk- und Ruhezeitregelungen bereiten organisatorisch Probleme. Bisher werden Duos am Lenker nur in Ausnahmesituationen eingesetzt, etwa wenn es um Sicherheit geht.

Mix aus Einzel und Doppel

Die KLU hat berechnet, unter welchen Bedingungen Zweierteams Zeit und Kosten sparen. Ergebnis: Ein Mix aus Einzel- und Doppelbesatzung könne zu geringsten Gesamtkosten führen. Zwei Fahrer wechseln sich ab und legen so viel weitere Strecken zurück. Aufträge könnten schneller abgewickelt werden. Es brauche freilich einen Algorithmus zur simultanen Routen- und Fahrereinsatzplanung, der checkt, welche Route mit Einzel- oder Doppelbesatzung fahren sollte und welche Kosten verursacht werden. Bisher fehlten solche Berechnungstools.

In der Studie wurden anonymisierte Daten eines Kunden, der Planungstools von Ortec im Einsatz hat, getestet. Eingeflossen sind Lieferorte, Verteilzentren und gewünschte  Lieferzeiten. Die KLU hat ermittelt: Im Schnitt lasse sich ein Einsparpotenzial von 0,8 bis 3,5% durch Einsatz von Teambesatzungen für einen Teil der Fahrzeugflotte statt eines Einzelfahrers erzielen. Es habe sogar Szenarien bis 7,2% Einsparungen ergeben, wie es heißt.

Versorgungskollaps

Der Ansatz ist – isoliert betrachtet – interessant. Aber er ist wenig praxistauglich. In den USA werden schon viele tausend Euro Abwerbeprämien für Fahrer gezahlt. Der Logistikbranche in Deutschland fehlen bis zu 60.000 Lkw-Fahrer. Die einschlägigen Verbände verweisen auf den drohenden Versorgungskollaps. Hinzu kommt: Die Weltbank hat schon 2017 geschätzt, dass in den nächsten 15 Jahren rund 40% aller deutschen Brummifahrer in Rente gehen. Das würde bedeuten, dass in den 2030er Jahren 150.000 Lenker fehlen. Was das für die Versorgung von Unternehmen und der Bevölkerung bedeutet, kann sich jeder ausmalen.

Ein digitaler Algorithmus kommt leider zu früh. Bitter nötig sind schlagkräftige Kampagnen, denen endlich Taten folgen: Image- und Ausbildungsoffensive (angehende Kraftfahrer gehen lieber zur Bundeswehr), komfortablere Fahrerhäuser, flexiblere Lenk- und Ruhezeiten, mehr Frauen im Job etc.

Fazit: Bundesregierung, Verbände, Organisationen, Unternehmen, Lobbyisten etc. müssen sich dringend einigen, statt nur anzuklagen. Ein neuer Verkehrsminister muss sich hier profilieren.

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