Zögerlicher Aufbruch und Kontinuität
Deutsche Unternehmen und Behörden werden auch zum Ende der kommenden Legislaturperiode im Jahr 2025 noch nicht die Digitalisierungsqualität von Frankreich, Japan oder der skandinavischen Staaten erreicht haben. Denn die künftige Regierung wird vor allem bereits bestehende Projekte weiterführen und vollenden.
Viel Gerede, viele Förderungen
Über Digitalisierung wird in den Wahlprogrammen der Parteien viel geschrieben. Im Wahlprogramm der CDU findet sich die Wortkombination „digital“ auf 139 Seiten 196 mal. Bei den Grünen sind es auf 272 Seiten insgesamt 164 Nennungen. Die FDP nennt das Wort auf 91 Seiten 133 mal. In den allermeisten Fällen geht es um Förderungen: Unternehmen können sich auch in der kommenden Legislaturperiode darauf verlassen, dass Investitionen in Digitalisierung von staatlichen Programmen flankiert werden. Vor allem dann, wenn die Projekte das Digitale mit dem Nachhaltigen verbinden – also Projekte aus dem Bereich Greentech, nachhaltige Mobilität oder Kreislaufwirtschaft.
Das Onlinezugangsgesetz macht den Behördengang obsolet
Größte Eigenleistung der zukünftigen Digitalpolitik wird die Vollendung des Onlinezugangsgesetzes sein. Dieses – bereits von der Vorgängerregierung angeschobene Projekt – hat zum Ziel sämtliche Behördenleistungen (Personalausweis, Steuererklärung, Förderungsantrag, …) zu digitalisieren.
Die Umsetzung läuft. Bis Ende 2022 hat sich der Gesetzgeber dafür Zeit gegeben. Vermutlich wird angesichts des derzeitigen Umsetzungsstandes bis zur Vollendung aber noch ein weiteres Jahr vergehen. Für den Bürokratieabbau wird das aber ein riesiger Schritt in Richtung Vereinfachung sein.
Ministerium oder Taskforce?
Einig sind sich die Parteien auch darüber, dass sie eine neue staatliche Digitalisierungs-Stelle wollen. CDU und FDP fordern ein Digitalisierungsministerium. Die Grünen finden das überflüssig und wollen eine im Kanzleramt angesiedelte Tech-Taskforce, die „Digitalisierungsprozesse in Ministerien und Behörden trägt.“ Genau dafür war in den vergangenen Jahren Staatsministerin Dorothee Bär zuständig – mit überschaubarem Erfolg. Wie effektiv eine solche Behörde oder Taskforce die Digitalisierung vorantreiben kann, ist angesichts der bisherigen Erfahrungen fraglich.
Darüber hinaus ist Digitalisierung traditionell ein großes „Ankündigungsthema“ – mit oft enttäuschenden Resultaten. So fordern alle Parteien den zügigen Ausbau digitaler Bildungsangebote – was in anderthalb Jahren Corona bekanntlich nicht gelang. Auch dass der Einsatz von Blockchain-Lösungen, Quantencomputer und KI in Deutschland in vier Jahren signifikant vorangekommen sein wird, bezweifeln wir.
Fazit: Digitalisierungs-Politik kann nur die Rahmenbedingungen vorgeben. Die wirklichen Umsetzer sind Unternehmen und Privathaushalte. Und deren Digitalisierungswünsche werden durch hohe Kosten, Nicht-Wissen, Fachkräftemangel und Bürokratie ausgebremst. Nur Letzteres kann die Politik direkt beheben.