Keine Rosinenpickerei bei Scheinselbstständigkeit
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) erschwert die „Rosinenpickereien“ von Scheinselbstständigen. Bisher haben Freiberufler häufig mit einem 'Statusfeststellungsverfahren' bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV) klären lassen, ob eine selbstständige oder abhängige Tätigkeit vorliegt. In der Praxis hat sich dies oft als „Abschiedsgeschenk“ im Fall einer streitigen Beendigung einer freien Mitarbeit bezahlt gemacht.
Das Blatt hat sich jetzt allerdings zugunsten der Arbeitgeber gewendet. Der Arbeitgeber kann nämlich die Rückzahlung des Honorars verlangen. Das ist immer dann interessant, wenn das in einem Arbeitsverhältnis geschuldete Entgelt niedriger gewesen wäre als das zuvor gezahlte Selbstständigenhonorar.
Gegenrechnung aufgemacht: Nur das übliche Entgelt
Darum ging es: Ein Freiberufler war als IT-Mitarbeiter ohne festen Stundenumfang beschäftigt. Als Grundlage diente ein „Dienstleistungsvertrag über EDV-Administration“. Diesen Vertrag kündigte der Arbeitgeber. Der IT-Mitarbeiter ließ daraufhin von der DRV feststellen, dass er während seiner gesamten Tätigkeit für das Unternehmen der Versicherungspflicht in allen Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung unterlag und deshalb als 'normaler' Arbeitnehmer beschäftigt war. Der Arbeitgeber musste zähneknirschend die Beiträge zur Sozialversicherung nachträglich zahlen.
Doch nun kam der Konter. Der Arbeitgeber ermittelte den Differenzbetrag zwischen einem normalen monatlichen Entgelt für einen IT-Mitarbeiter und der gezahlten Honorarsumme. Ergebnis: Der Betrieb klagte auf Erstattung der überzahlten Honorare von 106.603,38 Euro sowie die Erstattung der gezahlten Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung. Argument des Arbeitgebers: Da es sich um ein Arbeitsverhältnis gehandelt habe, könne der Beklagte nur die übliche Vergütung eines vergleichbaren Arbeitnehmers verlangen.
BAG entscheidet für Arbeitgeber
Das BAG folgte den Argumenten des Arbeitgebers. Die Vorinstanz muss jetzt noch die genaue Höhe der Überzahlung klären. Das Statusfeststellungsverfahren des IT-Fachmanns hat sich also als Eigentor erwiesen.
Fazit: Selbständige Dienstleister, die sich beim Arbeitgeber als abhängig Beschäftigte einklagen, müssen davon ausgehen, dass ihr Vergütungsanspruch nur in der üblichen Höhe des Arbeitslohns besteht und mit der Summe der Honorare verrechnet wird. Betroffene Arbeitgeber sollten den Sachverhalt im Zweifel prüfen und Geld zurückfordern.
Urteil: BAG vom 26.6.2019, Az.: 5 AZR 178/18