Die Tarifverhandlungen 2016 werden nicht vor Mai Ergebnisse bringen und erneut oberhalb der Produktivitätsentwicklung liegen. Die beiden großen Industriezweige Metall und Elektro sowie Chemie haben drei Sabbat-Monate bzw. eine längere Laufzeit ausgehandelt. Sie beginnen deshalb später als gewohnt mit den Verhandlungen im April bzw. Juli. Kurz vor Pfingsten (Mitte Mai) rechnen wir mit dem ersten Ergebnis.
Der öffentliche Dienst wird seine Verhandlungen hinauszögern. Eigentlich müsste er ab März Schrittmacher sein. Doch sind diesmal Bund und Kommunen mit 2,4 Mio. Beschäftigten die Verhandlungspartner. Beiden werden wegen der Flüchtlingskrise ohnehin Sonderleistungen abverlangt. Das erhöht ihre Bereitschaft zu deutlichen Einkommenssteigerungen gewiss nicht.
Traditionell ist die Streikbereitschaft in den Gemeinden ausgeprägt. Das belegt nicht zuletzt die Sonderrunde für die Kitas, die am Ende für Verdi schmerzlich ausging: Die Mitglieder votierten gegen die Führung, die Nachverhandlungen brachten kaum etwas. Das wirkt nach und wird die Verhandlungen ebenfalls belasten.
Auf jeden Fall wird in der Lohnrunde im Durchschnitt wieder eine 3 vor dem Komma stehen. Die 3,5 Mio. Metaller sind straff durchorganisiert und haben in der Vergangenheit bewiesen, dass sie zulangen können. Zudem wird sich der neue Vorsitzende Jörg Hofmann – der Gewerkschaftstag soll ihn in gut einer Woche berufen – bewähren wollen.
Bei einer Inflationsrate von erwarteten 1% ist dies erneut eine kräftige Erhöhung der Reallöhne. Entsprechend steigen die Einnahmen aus Steuern und Sozialabgaben für den Staat und die Sozialkassen.
Dieser Anstieg übersteigt erneut den Spielraum aus Preis- und Produktivitätsentwicklung. Die Betriebe müssten deshalb entweder rationalisieren oder ihre Preise anheben. Dass das in einem wirtschaftlich eher kippligen Jahr vollumfänglich gelingt, ist eher unwahrscheinlich. Insofern dürften die Lohnerhöhungen zu Lasten der Gewinnmarge gehen.
Fazit: Die steigende Kaufkraft stützt zwar die Konjunktur. Der Kostendruck für die Betriebe wird aber zunehmen. Erst recht, wenn die Energiepreise wieder anziehen sollten.