Ausbildungsvergütung muss angemessen sein
Ein Kfz-Ausbildungsbetrieb muss seinem Lehrling eine angemessene Vergütung zahlen, die sich am Branchentarifvertrag orientiert. Akzeptiert die zuständige Handwerkskammer bei der Überprüfung des Vertrags eine falsche Eintragung, schützt das den Arbeitgeber nicht vor einer Nachzahlung, so die Entscheidung des Landesarbeitsgericht (LAG) Mecklenburg-Vorpommern.
Weil der Kfz-Betrieb seinem Azubi eine zu geringe Ausbildungsvergütung zahlte, kam es zur Klage auf rund 8.500 Euro Nacherstattung vor dem Arbeitsgericht. Der Betrieb berief sich auf die zuständige Handwerkskammer, die bei der Eintragung des Azubi-Vertrags in die Lehrlingsrolle keine Bedenken gegen die Angemessenheit der Vergütung erhoben hat. Die Eintragung ist in § 29 Handwerksordnung (HwO) so vorgeschrieben, wobei die Kammer die Richtigkeit der Ausbildungsvergütung überprüfen muss.
Branchentarifvertrag gilt trotz nicht vorhandener Bindung
Das Gericht akzeptierte den Verweis auf die Handwerkskammer nicht. Es erklärte, dass dem Kfz-Mechatroniker-Lehrling eine angemessene Vergütung nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) zustehe. Die berechne sich nach dem einschlägigen Branchentarifvertrag, selbst wenn dieser im Betrieb nicht angewandt wird. Allerdings ist eine maximale Abweichung (Unterschreitung) von 20 Prozent zulässig. Diese sei aber überschritten.
Außerdem hätte der Betrieb den Lehrling 40 Stunden in der Woche anstatt, wie im Tarifvertrag vorgesehenen, 37,5 Stunden beschäftigt. Dies sei bei der Ermittlung einer angemessenen Vergütung entsprechend zu berücksichtigen. Beide Faktoren, Branchentarifvertrag und längere Arbeitszeit blieben vom Kfz-Betrieb unberücksichtigt. Deshalb sei der gezahlte Lehrlingslohn unangemessen und die Ansprüche des Azubis berechtigt.
Fazit: Eine falsche Beurteilung der Handwerkskammer zur Höhe einer angemessenen Lehrlingsvergütung schützt nicht vor einer Nachzahlung.
Urteil: LAG Mecklenburg-Vorpommern vom 21.6.2022, Az.: 2 Sa 251/21