Arbeitszeiterfassung: Nicht auf den Minister warten
Das Arbeitsgericht (AG) Emden will nicht länger auf ministerielle Erleuchtungen warten und hat jetzt Fakten geschaffen. Die Richter haben entschieden, dass sich die Pflicht zur Einrichtung eines Zeiterfassungs-Systems auch direkt aus europäischem Recht ableiten lässt. Ein deutsches Umsetzungsgesetz sei gar nicht erforderlich.
Streit gab es bei einer Baufirma über den Umfang der geleisteten Arbeitszeit eines Helfers. Während der Arbeiter Lohn für 195,05 Stunden verlangte, hatte die Firma nur 183 Stunden vergütet.
Keine systematische Erfassung, keine Beweise
Der Bauarbeiter hatte über seine geleisteten Stunden eigene, handschriftliche Aufzeichnungen („Stundenrapporte“) angefertigt. Der Firma setzte dem entgegen, dass die Erfassung der tatsächlichen Arbeitszeit (Arbeitsbeginn und Arbeitsende) durch ein „Bautagebuchs“ erfolgt sei.
Das reichte dem Arbeitsgericht allerdings nicht. Der Arbeitgeber nutze kein System zur Erfassung der täglichen Arbeitszeit. Daher habe er auch keine objektiven und verlässlichen Daten vorlegen können, anhand derer sich die Arbeitszeiten des Helfers hätten nachvollziehen lassen.
Arbeitgeber muss nachzahlen
Konsequenz für den Baubetrieb: Der Prozess ging verloren, der Arbeitgeber muss die, vom Arbeitnehmer reklamierte Arbeitszeit in vollem Umfang bezahlen.
Fazit: Um bei Streitigkeiten zur Arbeitszeit die geleisteten Stunden sauber zu dokumentieren, sollten Arbeitgeber bereits jetzt unbedingt ein entsprechendes Erfassungs-System einsetzen. Weiteres Abwarten auf den Gesetzgeber kann teuer werden.
Urteil: AG Emden vom 20.2.2020, Az.: 2 Ca 94/19