Architekten und Ingenieure stecken in der Preisklemme
Ein Urteil des Europäische Gerichtshofs (EuGH) zur Honorarordnung von Architekten und freiberuflichen Ingenieuren (HOAI) beunruhigt auch anderen reglementierte Berufsbereiche. Denn die EU-Kommission hat Deutschland auf die europäischen Sünderbank gesetzt. Es gebe zu hohe Wettbewerbshürden im Dienstleistungssektor.
Duftmarke für mehr Wettbewerb
Prominentes Beispiel dafür ist der Meisterzwang im Handwerk. Doch hier traute sich die Kommission bisher nicht ran. Der politische Widerstand der Handwerker ist zu groß. Deshalb nutzte sie erst mal einen anderen Sektor, um eine Duftmarke für mehr Wettbewerb zu setzen. Sie klagt vor dem EuGH gegen die HOAI. Der EuGH folgte der Kommission. Er kippte die Höchst- und Mindestpreisbestimmungen in der Honorarordnung. Auf die Architekten und Ingenieure kommen jetzt härtere Preisverhandlungen zu, weil die alten Regeln für Höchst- und Mindestpreise nicht mehr gelten.
Die Richter begründen ihre Entscheidung im Kern mit der schon 2006 verabschiedeten EU-Dienstleistungsrichtlinie (2006/123/EG-Bolkestein-Richtlinie). Klare Ansage: Im europäischen Binnenmarkt muss der Wettbewerb auch über den Preis möglich sein soll.
Keine höherrangigen Güter betroffen
Ausnahmen gibt es nur, wenn Preisvorgaben zwingend erforderlich sind. Dabei muss es sich um „höherrangige Güter" handeln wie das Leben oder die Gesundheit der Bürger, die es zu schützen gilt. Genau diesen Nachweis konnte die Bundesregierung im Fall der HOAI in Luxemburg allerdings nicht erbringen.
Der EuGH hatte zudem ein leichtes Spiel: Die Richter konnten belegen, dass in Deutschland Planungsleistungen auch von anderen Akteuren, ohne Nachweis einer entsprechenden fachlichen Eignung, erbracht werden. Schon deshalb ließen sich die mit dem Preisdiktat verfolgten Ziele (Qualität, Erhalt der Baukultur) nicht erreichen.
Urteil:
EuGH vom 4.7.2018, Az.: C-377/17
Fazit:
Niemand sollte sich in Sicherheit wiegen. Ärzte, Notare, Steuerberater etc. könnten das nächste Ziel sein. Die Honorar-Regeln sind zwar von Beruf zu Beruf verschieden. Die Kommission sucht aber weiter akribisch nach wettbewerbseinschränkenden Bestimmungen, um nationales Recht zu attackieren.