Ausweitung der Erfassungspflichten für Arbeitgeber
Arbeitgeber müssen künftig die Arbeitszeiten voll erfassen - generell und ohne Ausnahme. Das gilt entgegen der bisherigen Regelung nicht mehr nur für Überstunden und Sonntagsarbeit. Auch leitende Angestellte müssen jetzt ihre Arbeitszeiten erfassen. Nach dem BAG-Urteil wackeln auch die Modelle der Vertrauensarbeitszeit und das Homeoffice. Diese sind von der Zeiterfassung nicht ausgenommen.
Arbeitsrechtler sind sich sicher, dass nach dem Urteil erhebliche Änderungen auf Unternehmen zukommen werden. Insbesondere die in den vergangenen Jahren ausgebauten - teils von der Politik sogar geforderten - Möglichkeiten zum mobilen Arbeiten, werde sich nicht unverändert fortsetzen lassen.
Arbeitsminister Heil ist am Zug
Jetzt ist das Arbeitsministerium von Hubertus Heil (SPD) in der Pflicht. Das Arbeitszeitgesetz, das bisher schlagend war, gilt jetzt nicht mehr. Denn das BAG hat zur Begründung das Arbeitsschutzgesetz herangezogen. Begründung: Mitarbeiter sollen durch die Dokumentation ihrer Arbeitszeit vor "Fremd- und Selbstausbeutung geschützt" werden.
Die praktische Umsetzung des Urteils und die Ausgestaltung der konkreten Regeln bleibt abzuwarten. Aus dem Arbeitsministerium heißt es, dass bereits an einem "konkreten Gesetzentwurf gearbeitet" wird. Bisher hatte vor allem die FDP gebremst, mit dem Argument, dass "flexible Arbeitszeitmodelle weiter möglich sein" müssen. Unternehmen werden nun vor allem nach technischen Lösungen suchen müssen, die neuen Dokumentations-Anforderungen gesetzeskonform zu dokumentieren. Das Spektrum wird von Tabellenlisten bis Apps reichen.
Fazit: Klar ist, dass es künftig mehr Kontrolle über die Arbeitszeiten geben muss. Auch eine Ausdehnung auf alle Beschäftigten und flexible Arbeitszeitmodelle ist sicher. Unternehmen müssen nun den Gesetzentwurf und konkrete Pflichten abwarten. Im Kern wird es darum gehen, praktikable Dokumentationslösungen zu finden.
Urteil: BAG vom 13.9.2022, Az.: 1 ABR 22/21