Azubis sollen lernen und nicht nur Arbeiten
Bildet ein Arbeitgeber seinen Auszubildenden nicht aus, sondern setzt er ihn nur als Arbeitskraft ein, muss er ihn auch entsprechend bezahlen. Das entschied das Arbeitsgericht (ArbG) Bonn. Wird ein Arbeitnehmer als Auszubildender eingestellt, in Wirklichkeit dann aber nur für bestimmte, angelernte Tätigkeiten eingesetzt, hat er Anspruch auf den Lohn einer ungelernten Arbeitskraft. Und das ist der konkrete Fall:
Eine Reinigungsfirma hatte mit einem jungen Mann einen Ausbildungsvertrag als Reinigungsfachkraft abgeschlossen. Dafür erhielt der vermeintliche Auszubildende monatlich 775 Euro. Tatsächlich hatte der Arbeitgeber das Ausbildungsverhältnis aber nicht in der Berufsschule, noch bei der zuständigen Gebäudereiniger-Innung angemeldet. Es gab auch keinen betrieblichen Ausbildungsplan, wie im Berufsbildungsgesetz (BBIG) verbindlich vorgeschrieben.
Tarifliche Entlohnung statt Azubivergütung
Der Arbeitnehmer erhielt stattdessen eine einmalige Arbeitseinweisung durch einen Arbeitskollegen. Danach war er 39 Stunden in der Woche als Reinigungskraft eingesetzt. Systematisches Lernen war nicht mehr angesagt.
Das Gericht verdonnerte den Arbeitgeber dazu, die übliche tarifliche Entlohnung zu zahlen. Und zwar für einen ungelernten Arbeiter (Lohngruppe 1 des Rahmentarifvertrages für die gewerblichen Beschäftigten in der Gebäudereinigung). Das Arbeitsentgelt, das dem Mann nach der Entscheidung zusteht, ist nun doppelt so hoch wie das vereinbarte Lehrlingsgehalt.
Fazit: Betriebe, die Azubis nicht ausbilden sondern nur mit Hilfsarbeiten betrauen, müssen diese in die entsprechende Lohngruppe eingruppieren.
Urteil: ArbG Bonn vom 8.7.2021, Az.: 1 CA 308/2