Freie Tage sind bei Krankheit nachzuliefern – oder auch nicht
Je nach Bundesland muss der Arbeitgeber Krankheitstage während einer tariflichen Freistellung nachgewähren – oder auch nicht. Der tarifliche Anspruch sei erst mit der Realisierung erfüllt, entschied soeben das Landesarbeitsgericht (LAG) Stuttgart. Es folgte damit einer Entscheidung des LAG Hamm.
Ein Systemmonteur beantragte statt eines Zusatzgeldes an vier Arbeitstagen eine Freistellung zur Betreuung seiner Kinder unter acht Jahren. Der Arbeitgeber gewährte ihm die Freistellungstage. Der Mitarbeiter erkrankte aber in dieser Zeit und wollte deshalb die vier Tage gutgeschrieben haben.
Dissens muss das BAG klären
Der Arbeitgeber weigerte sich, da nach seiner Auffassung der Anspruch bereits mit der Gewährung verbraucht sei. Der Arbeitnehmer trage das Risiko, während der Freistellungstage zu erkranken. Die analoge Anwendung mit den Urlaubs-Bestimmungen sei nicht zulässig.
Diese Auffassung war keineswegs aus der Luft gegriffen, hatte doch das LAG Nürnberg wenige Monate zuvor genauso so entschieden. Die Stuttgarter Richter sehen das anders als ihre Kollegen in Bayern und betonten, dass der tarifliche Freistellungsanspruch ein ‚Verschaffungsanspruch‘ ist und erst dann erfüllt ist, wenn der Beschäftigte die Freistellungstage auch tatsächlich nutzen konnte.
Fazit: Den Dissens zwischen den LAG kann nur das BAG auflösen. Bis dahin gibt es eine unterschiedliche Praxis in den Betrieben.
Urteile: LAG Stuttgart, Urteil vom 7.5.2021, im Ergebnis gleichlautend LAG Hamm vom 25.11.2020, Az.: 6 Sa 695/20, Az.: 12 Sa 6/21, im Ergebnis komplett anders LAG Nürnberg vom 3.3.2021, Az.: 2 Sa 343/20