Klage mit erheblicher Unsicherheit
Ansprüche auf Corona-Hilfen gerichtlich geltend zu machen, ist mit erheblichen Risiken verbunden. Genau das empfiehlt der Handelsverband Deutschland aber seinen Mitgliedern. Die zunächst einleuchtende Argumentation: die November- und Dezember-Hilfen bevorzugen die Gastronomie vor dem Einzelhandel. Die Gastronomie bekomme bis zu 75% ihrer Ausfälle erstattet, der Einzelhandel lediglich die Fixkosten durch die Überbrückungshilfe III. Dies sei eine unzulässige Ungleichbehandlung, gegen die man sich wehren müsse, notfalls vor Gericht, so die Aufforderung.
Laut HDE hätten 10.000 Einzelhändler Anträge auf derartige Hilfen gestellt, „um nach Abschluss des verwaltungsrechtlichen Vorverfahrens entsprechende Unterstützungsleistungen wegen eines Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz gerichtlich durchsetzen zu können.“ Ein entsprechendes Gutachten des HDE soll die Erfolgsaussichten belegen.
Ansprüche im Subventionsrecht nur selten einklagbar
Doch wie so oft in der Juristerei gibt es gewichtige Gegenargumente. Prof. Niko Härting von HÄRTING Rechtsanwälte aus Berlin empfiehlt seinen Mandanten ein anderes Vorgehen. Härting wurde FUCHSBRIEFE als ausgewiesener Fachmann in Sachen Corona, der bereits viele Einzelhändler und Co. in der Sache vertreten hat, aus der Branche empfohlen. Laut ihm sei die Argumentation des HDE zwar solide, aber:
- im Subventionsrecht (die Materie, in der sich hier juristisch bewegt wird) seien einklagbare Ansprüche die Ausnahme. Ungleichbehandlung sei zudem zulässig, wenn sich der Subventionsgeber auf einen „sachlichen Grund“ für die Bevorzugung stützen kann. Die Gastronomie war den ganzen November und Dezember geschlossen, der Einzelhandel dagegen („nur“) den halben Dezember.
- Zudem dauern verwaltungsrechtliche Prozesse oft mehrere Jahre. Wegen der hohen Dauer und dem ungewissen Ausgang würde Härting seinen Mandanten nicht zum vom HDE aufgezeigten Vorgehen raten.
Ansprüche auf Entschädigung wegen de facto Enteignung?
Härting empfiehlt einen anderen Weg – dieser ist zwar auch lang, aber die Argumentation ist eine andere. Für ihn kommen die monatelangen Schließungen rechtlich einer Enteignung gleich. Er halte es für verfassungswidrig, dass es dafür keinen Erstattungsanspruch gäbe, so der Jurist gegenüber Fuchsbriefe. Es sei ein Unding, dass die Betroffenen auf die Gnade von Rettungs- und Hilfsprogrammen verwiesen würden. Früher oder später müsste Karlsruhe in der Sache eine Entscheidung treffen.
Fazit: Die Erfolgsaussichten des HDE-Vorschlags sind nicht so glänzend, wie der Verband suggerieren möchte.