Neue Widerrufsmöglichkeiten für Finanzierungen
Der Bundesgerichtshof (BGH) öffnet die Tür für den Widerruf von Finanzierungen. Er hat sich mit seinem Urteil von der bisherigen Rechtsprechung abgewendet. Darlehnsverträge müssen immer den konkreten geltenden Prozentsatz für einen möglichen Verzugszinssatz angeben - und das zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Bisher hatte das Gericht die Auffassung vertreten, dass es ausreiche, wenn in Kreditverträgen allgemein über den Verzugszins informiert wird. Der BGH passt damit seine Rechtsprechung der EuGH-Rechtsprechung an.
Von der Entscheidung dürften etliche Kreditverträge betroffen sein. In Deutschland gibt es allein über sieben Millionen Kfz-Finanzierungen. In den meisten Darlehensverträgen finden sich aber nur allgemeine Ausführungen zu den Verzugszinsen, jedoch keine konkrete Angabe des Zinssatzes zum Zeitpunkt des Vertrags. Der am meisten genutzte Passus: „Für ausbleibende Zahlungen werden die gesetzlichen Verzugszinsen berechnet". Diese Formulierung reicht dem BGH nicht mehr.
Widerruf möglich
Sind die Verzugszinsen nicht konkret genannt, ist ein Widerruf des Vertrags immer möglich. Denn nach § 492 BGB sind in diesem Falle nicht alle erforderlichen Pflichtangaben vorhanden. Die zweiwöchige Widerrufsfrist tritt darum nicht in Kraft. Konsequenz: Ein Widerruf ist dann immer möglich.
In der BGH-Entscheidung ging es konkret, um einen mit einem Darlehensvertrag finanzierten Autokauf. Der Käufer erklärte Jahre nach dem Vertragsschluss den Widerruf des Vertrags und verlangte von der Verkäuferin die Rückabwicklung des Kaufvertrags.
Fazit: Im Darlehensvertrag ist der konkrete Verzugszinssatz anzugeben, der zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gilt. Andernfalls können die Verträge widerrufen werden.
Urteil: BGH vom 12.4.2022, Az.: XI ZR 179/21