Recycling-Märkte brechen ein
Der niedrige Ölpreis und Corona-Auswirkungen zwingen den Absatzmarkt für recycelte Kunststoffe in die Knie. Billige Neuware überschwemmt derzeit den Markt. Das Folgeproblem: So können die im Verpackungsgesetz vorgegebenen Recyclingquoten nicht eingehalten werden.
Im reinen Kostenvergleich ist neu hergestellte Kunststoffware derzeit deutlich günstiger als Recyclingware. Die muss erst in mehreren Schritten wieder aufbereitet werden. Und momentan wächst die Preisdifferenz zu Rezyklaten weiter, auch weil der Preis für Rohöl als Grundstoff für Kunststoffprodukte so tief gefallen ist. Folge: Erste Recyclingbetriebe sind wegen geringe Nachfrage nach Kunststoffrezyklaten in akuter Existenznot.
Es drohen Produktverbote
Alarm schlägt nun die Zentrale Stelle Verpackungsregister. Die ZSVR kontrolliert die politisch vorgegebenen Recyclingquoten. Nun fordert die ZSVR: Die Hersteller der Rezyklate müssten aktiv gegensteuern und die Lücken zur vorgegebenen Quote zügig schließen. Und sie nimmt den Unternehmen bei der Widerrede gleich den Wind aus den Segeln. Kostenargumente allein griffen dabei deutlich zu kurz. Vielen Herstellern scheine die Brisanz der Situation nicht bewusst zu sein.
Die ZSVR droht Unternehmen direkt. „Wenn Kreisläufe nicht stattfinden, riskieren Unternehmen gesetzliche Vorschriften von Abgaben bis zu Produktverboten“, heißt es. Werde der Rezyklateinsatz nicht deutlich gesteigert, müsse der Gesetzgeber die Verantwortlichen dazu zwingen. Gemeint: Diejenigen, die verpackte Waren in den Verkehr bringen, müssen dafür sorgen, dass ihre Verpackungen die Umwelt möglichst wenig belasten.
Produktverantwortung
Europaweit gilt für Verpackungen dieselbe Regel. Der Hersteller eines Produkts muss auch für Verpackung Produktverantwortung (Vermeidung, Wiederverwendung, Verwertung) übernehmen. Die Umsetzung in Deutschland erfolgt über das Verpackungsgesetz (VerpackG). Die ZSVR führt das Verpackungsregister aller gesetzlich verpflichteten Unternehmen aus Industrie und Handel, gleicht Mengen von Herstellern und Systemen ab und sorgt mit Standards für mehr recyclinggerechtes Design bei Verpackung.
Am wenigsten belastet natürlich eine Verpackung, die gar nicht erst entsteht. Somit steht die Vermeidung an erster Stelle der Zielhierarchie. Was nicht vermieden werden kann, muss zumindest entweder erneut verwendet oder möglichst hochwertig recycelt werden.
Fazit: An den Recycling-Quoten zeigt sich die Macht des Marktes. Die dem Preis folgende Ökonomie schlägt die Ökologie, die sich an wünschenswerten Zielen orientiert. Absehbar ist aber dennoch, dass der Preis für Recycling steigen wird. Entweder, das wird politisch beschlossen - was wahrscheinlich ist. Oder es gehen Recyclingfirmen pleite - und spätestens wenn die Ölpreise wieder steigen werden die weniger im Markt verbliebenen Firmen ihre Preise der steigenden Nachfrage anpassen.