Die Rechtmäßigkeit des Verfahrens zur Lohnsteuerabwicklung durch den Arbeitgeber steht infrage, wenn der Fiskus sein neues Online-Verfahren durchsetzt. Das meint der Lehrstuhlinhaber für Öffentliches Recht, Finanzrecht und Steuerrecht an der Uni Augsburg, Prof. Gregor Kirchhof. Seit Oktober letzten Jahres liegt ein Diskussionsentwurf des Bundesfinanzministeriums zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens vor. Die Überlegungen sind aber so einseitig zugunsten des Fiskus und zu Lasten von Arbeitgebern und -nehmern ausgerichtet, dass die Verfassungsmäßigkeit zweifelhaft ist.
Dies kann der Gesetzgeber nur geraderücken, indem er für den Arbeitgeber durch Vereinfachung oder finanzielle Teilhabe an der Ersparnis des Fiskus einen Ausgleich schafft. Denn die Lohnsteuer ist eine Bringschuld des Arbeitnehmers. Der Arbeitgeber wird für den Arbeitnehmer tätig. Die öffentliche Hand greift mit ihren Bestimmungen erheblich in die Berufsausübungspraxis der Arbeitgeber ein. Zudem verantwortet die öffentliche Hand bisher nicht die von ihr in Gang gesetzte kumulative Belastung des Arbeitgebers.
Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollen nach dem Diskussionsentwurf alle für die Steuer notwendigen Daten mundgerecht aufbereiten. Diese werden dann an den Finanzamtsrechner übermittelt. Der Computer entscheidet anstelle des Finanzbeamten über die Steuererklärung. Es soll Zufallsprüfungen geben und besonders schwierige Fälle sollen einer Sonderprüfung unterliegen.
Fazit: Das Interesse des Staates an dem digitalen Verfahren ist groß. Denn es hilft, Personalkosten zu sparen. Daher wird der Gesetzgeber zu Kompromissen bereit sein – wenn sich Kläger gegen die mit dem Online-Verfahren verbundenen Belastungen finden. Erste interessierte Unternehmer gibt es bereits.