Gewerbezuordnung ist keineswegs nur ein statistisches Problem
Eine Entscheidung des Finanzgerichts (FG) Baden-Württemberg gibt Hinweise, wann ein Unternehmen dem Produzierenden Gewerbe zugerechnet werden kann. Die Entscheidung hat deshalb so großes Gewicht, weil damit schnell Einsparungen in Höhe von 100.000 Euro und mehr verbunden sein können.
Hintergrund ist das Energiesteuergesetz. Es sieht eine Steuerentlastung für Unternehmen vor, deren wirtschaftliche Tätigkeit dem Produzierenden Gewerbe und nicht dem Handel zuzuordnen ist. 5,13 Euro Steuerermäßigung bei einer Megawattstunde Strom erhalten Betriebe, die dem Produzierenden Gewerbe zuzuordnen sind. Steuernachlässe gibt es zusätzlich auch bei den anderen fossilen Energieträgern wie Erd- und Flüssiggas, leichtem Heizöl und Schmieröl.
Neues Produkt ist notwendig
Die Richter nahmen eine Negativ-Abgrenzung vor. Demnach reicht es nicht aus, einem Produkt nur eine veränderte Form (anderer Zuschnitt oder Konfektionierung) zu geben, um die Branche wechseln zu können. Allein die Form der Bearbeitung der Ware führe nicht zu einem neuen Produkt. Es fehle an einer "neuen stofflichen Zusammensetzung". Oder kurz und bündig: Weiterverarbeitung reicht nicht.
Die verwandten Ausgangsstoffe waren im Streitfall unverändert geblieben. Das klagende Unternehmen befasst sich mit dem Abtafeln, Spalten und Zuschneiden von flachgewalzten Erzeugnissen aus Eisen oder Stahl. Diese wurden nach Kundenvorgaben in Spaltband umgearbeitet. Das erzeugte Spaltband wurde zu einem geringen Teil zu Tafeln geschnitten und im Übrigen ohne weitere Bearbeitung an die Kunden geliefert. Eine Zuordnung der Firma zum Produzierenden Gewerbe war deshalb aus Sicht der Richter nicht möglich.
Fazit: Das Urteil befriedigt nur bedingt. Wann genau ein „neues Produkt“ im Sinne der Richter vorliegt, lässt sich nur ahnen. Auch künftig bestehen also Rechtsrisiken bei Klagen zum Wechsel der Eingruppierung.
Urteil: FG Baden-Württemberg, Az.: 11-K-1492/19