Notfallpraxis ist kein häusliches Arbeitszimmer
Eine ärztliche Notfallpraxis ist auch dann kein häusliches Arbeitszimmer, wenn sie mit Wohnräumen des Arztes räumlich verbunden ist. Das gilt auch dann, wenn die Patienten den Behandlungsraum zwar nur über einen der privaten Wohnung zuzuordnenden Flur erreichen können, aber der Behandlungsraum aufgrund seiner Einrichtung und tatsächlichen Nutzung eine private Mitnutzung praktisch ausschließt. Die Aufwendungen dürfen daher der Höhe nach unbeschränkt abgesetzt werden.
Als Notfallpraxis sind Räume zu verstehen, die erkennbar besonders für die Behandlung von Patienten eingerichtet und für Patienten leicht zugänglich sind. Die Anforderungen an die Annahme einer leichten Zugänglichkeit der Notarztpraxis für Dritte können nicht völlig losgelöst von der Ausstattung bestimmt werden.
Ein bisschen privat darf sein
Insbesondere schließt nicht jede noch so geringe räumliche Verbindung zu privat genutzten Räumen die leichte Zugänglichkeit für Patienten aus, so der BFH. Ob ein mit Wohnräumen des Arztes in räumlichem Zusammenhang stehender Raum als Notfallpraxis im vorstehenden Sinne anzusehen ist, muss im Einzelfall festgestellt werden.
Es muss allerdings feststehen, dass die Notfallpraxis nicht auch außerbetrieblich (mit)genutzt wird. Ist die Notfall-Praxis also so ausgestattet eingerichtet, dass eine Privatnutzung ausgeschlossen erscheint, dürfen die Aufwendungen (AfA, Zinsen usw.) voll abgesetzt werden.
Klagefall: Gemeinschaftspraxis mit Anschluss an Privaträume
Im Urteilsfall betreibt eine Augenärztin zusammen mit zwei weiteren Ärztinnen und einem Arzt eine Gemeinschaftspraxis. In ihrem privaten Wohnhaus befindet sich im Keller ein für die Behandlung von Patienten in Notfällen eingerichteter Raum. In dem Raum befinden sich eine Klappliege, eine Spaltlampe, eine Sehtafel an der Wand, ein Medizinschrank, Instrumente und Hilfsmittel, z. B. zum Entfernen von Fremdkörpern, ein kleiner Tisch zum Ausstellen von Rezepten und mehrere Stühle.
Das Haus verfügt über einen Hauseingang im Erdgeschoss, durch den man in einen Flur gelangt. Von dem Flur führt eine Treppe in den Keller, wo sich neben dem Notbehandlungsraum ein Heizungsraum, Hauswirtschaftsraum, Waschraum und ein weiterer Raum befinden. Von dem Flur im Erdgeschoss gelangt man zudem in das Schlafzimmer, die Küche, das Wohn- und Esszimmer und in den Raum mit einem Gäste-WC.
Eindeutig beruflich
Die Räume im Keller sind nicht über einen gesonderten Kellereingang erreichbar. Die Ärztin hat in drei Jahren im häuslichen Behandlungsraum nachweislich 147 Behandlungen durchgeführt. Nach Wertung des Finanzgerichts ist der eindeutig für Behandlungen eingerichtete Raum nur für Behandlungen und nicht auch privat genutzt worden. Daran sah sich auch der BFH gebunden. Der Raum unterliegt daher nicht der Abzugsbeschränkung für häusliche Arbeitszimmer.
Fazit: Eine Privatanbindung im Praxisgebäude ist unbedenklich, wenn Wohn- und Behandlungsräume eindeutig getrennt sind und die Nutzung ebenso eindeutig feststeht.
Urteil: BFH, VIII R 11/17