Versorgungssicherheit in Gefahr
Obendrein geht die Regierung von unwahrscheinlichen Verbrauchsannahmen aus. Berlin rechnet bis 2030 mit einem relativ konstanten Stromverbrauch. Doch das ist abwegig, wenn die Ziele bei der CO2-Reduktion im Verkehr erreicht werden sollen. Wegen neuer Stromverbraucher wie E-Autos und Wärmepumpen ist mit einem steigenden Verbrauch zu rechnen. Und der erfordert einen stärkeren Zubau als die 4.000 MW, die jedes Jahr geplant sind. Doch nicht einmal diese Kapazitäten werden in der Realität erreicht.
Großer Bedarf durch Atom- und Kohleausstieg
Für den Ersatz der Kraftwerke, die aus dem Markt gehen, sind erhebliche Ersatz-Kapazitäten nötig. Auf die Ende 2022 abzuschaltenden Kernkraftwerke entfielen 2019 immer noch 12% des erzeugten Stroms. Auf Stein- und Braunkohlekraftwerke, die bis 2038 stillgelegt werden sollen, 22%.
Erdgaskraftwerke werden nicht als Ersatz zur Verfügung stehen
Emissionsarme Erdgaskraftwerke werden als Ersatz kaum zur Verfügung stehen. Es werden zu wenige neu gebaut. Denn sie kommen nur auf geringe Einsatzzeiten und rentieren sich daher nicht. Die erneuerbaren Energien preisen sie aus dem Markt.
Erneuerbare Energien sind die günstigsten
Erneuerbare Energien können inzwischen am günstigsten erzeugt werden. Zumindest, wenn man die hohen Kosten des Netzausbaus und zur Sicherstellung der Versorgungssicherheit außen vor lässt. Windkraftanlagen erreichen an mittleren Standorten Stromgestehungskosten wie Braunkohlekraftwerke, die billigste konventionelle Energie. Photovoltaik-Großanlagen liegen nur wenig darüber. Noch gibt es Überkapazitäten in der Erzeugung, wie der hohe Stromexport in die europäischen Nachbarländer zeigt. Das wird sich aber ändern.
Schwacher Zubau bei Wind an Land
Der Zubau der Windkraft an Land schwächelt erheblich. Sie ist wegen ganzjähriger Verfügbarkeit und niedrigstem Erzeugungspreis die günstigste Energie für Deutschland. In der letzten Ausschreibung vom 1.2.2020 erreichten die Gebote nicht einmal zwei Drittel der ausgeschriebenen Menge von 900 MW. Die Ausschreibungen sollen einen unkontrollierten Zubau verhindern. Die MW-Zahl richtet sich wiederum nach dem kontinuierlichen Wegfall der konventionellen Kapazitäten.
Die Unterschreitung des Angebots ist in den letzten Jahren häufig vorgekommen. Der Grund: Es gibt zu wenig Fläche, auf denen die Anlagen errichtet werden können. Seit 2017 steigen daher trotz sinkender Erzeugungskosten die Förderungen für Windkraft stetig, auf zuletzt 6,18 ct/kWh.
Regierung sollte Ausbau vorantreiben
Die Regierung hat durchaus Handlungsoptionen. Sie kann im Bundesraumordnungsgesetz und im Baugesetzbuch die Anforderungen an die Regionalplanung klar regeln, um die häufigen Klagen zu verringern. Zudem kann sie Flächenzielsetzungen mit den Ländern verhandeln, um die nötigen Flächen vorzuhalten. Etwa 2% der Flächen würde ausreichen. Eine bundeseinheitliche Regelung zur Artenschutzprüfung könnte die Genehmigungsverfahren beschleunigen.
Fazit: Die Schere zwischen Wunsch und Wirklichkeit geht bei der Energiewende immer weiter auseinander. Das Management dieses für den Standort überlebenswichtigen Projekts ist desaströs. Bund und Länder kooperieren mangelhaft.