Vorfahrt für Konzerne
Das Internet der zwei Geschwindigkeiten kommt. Der Mittelstand gehört zu den Verlierern.
Die Bundesregierung will künftig den Datenverkehr im Internet mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten zulassen. Damit stärkt sie den Telekommunikationsanbietern und Internetkonzernen den Rücken, die schon länger unterschiedliche Qualitätsklassen im Internet fordern. Ihr Argument: Neue Dienste wie Streaming-TV, Telemedizin oder das selbstfahrende Auto seien ohne Vorrang im Internet nicht umsetzbar. Die Entscheidung bedeutet das Aus für die Netzneutralität. Bislang waren alle Anbieter gleichberechtigt. Kritiker sprechen nun von einem Zwei-Klassen-Internet, das ausgerechnet ein sozialdemokratischer Wirtschaftsminister einführen werde. Sigmar Gabriel legt deshalb großen Wert darauf, dass die neuen Vorfahrtsregeln nicht offen diskriminierend wirken. Spezialdienste dürfen, wie es im Entwurf des BMWi heißt, „nur bei ausreichenden Netzkapazitäten erbracht werden.“ Kurzum: Breitbandanbieter dürfen etwa Streamingdienste wie Netflix erst dann mit garantiert schnellerem Internet ausstatten, wenn das alle anderen Nutzer nicht beeinträchtigt. Das soll sie zum Ausbau ihrer Netzkapaziäten zwingen. Damit wäre immerhin eine Verschlechterung für normale Internetdienste-Anbieter verhindert. Die Regulierungsbehörde soll das durch eine intensive „Ex-Post-Kontrolle“ gewährleisten. Dennoch gehören die Mittelständler zu den Verlierern des Zwei-Klassen-Internets. Denn die kapitalstarken Internetkonzerne können sich die höheren Breitbandgebühren locker leisten und so die kleinere Konkurrenz auf Abstand halten. Der TV-Kanal Netflix, der immense Breitbandkapazitäten benötigt, plant, in den USA große Telekomanbieter aufzukaufen. Dann würde er sich die Vorfahrt im Netz gleich selbst genehmigen. Diese Entwicklung droht nun auch in Deutschland.
Fazit: Die Bundesregierung hat dem Druck der Konzerne nachgegeben. Immerhin sieht die Neuregelung den Zwang zum Netzausbau vor.