China: Von Konkurrenz zu Kooperation mit der EU
China bewertet das Potenzial Europas neu und richtet seine Wirtschaftspolitik entsprechend aus. Das zeigt sich z. B. daran, dass China gegenüber der EU auf einen kooperativeren Zoll-Kurs eingeschwenkt ist. Das zeigt sich an den aktuellen bilateralen Diskussion im Streit um chinesische E-Autos und beim Zugang zu seltenen Erden. Der Schwenk Chinas ist strategischer Natur. Denn Peking hat erkannt, dass gute Beziehungen mit Europa einen großen Vorteil haben.
China hat Europas geopolitisches Potenzial erkannt
Peking hat zuletzt eine große Offenheit für eine Einigung beim Streit um Elektroauto-Importe signalisiert. Die Gespräche laufen weiter in die Richtung von Mindestpreisen für chinesische Fahrzeuge (FB vom 14.04.). China prüft außerdem, Exportgenehmigungen für seltene Erden gegenüber europäischen Firmen zu erteilen. Beides wären bedeutende Zugeständnisse. Noch vor wenigen Monaten hatte China mit Vergeltungsmaßnahmen auf die von der EU-Kommission geplanten Strafzölle reagiert.
Hintergrund: Die Volksrepublik sieht Europa zunehmend als eigenständige politische Kraft. Darum vollzieht das Reich der Mitte eine langsame Abkehr vom 17+1-Prinzip. Über ein Jahrzehnt hatte China versucht, seinen Einfluss in Europa vor allem durch bilaterale Beziehungen mit einzelnen EU-Mitgliedstaaten auszubauen. Im 17+1-Format hat Peking gezielt mit Ländern Mittel- und Osteuropas verhandelt. China setzte auf einzelne wirtschaftlich schwächere Staaten, um eigene Infrastrukturprojekte voranzubringen und politische Unterstützung innerhalb der EU zu gewinnen.
Chancen der EU zwischen zwei Großmächten
Jetzt zentralisiert China seinen Verhandlungsansatz stärker auf Brüssel. Denn mehrere Länder haben sich aus dem Format zurückgezogen, andere stellen sich offener gegen die chinesische Einflussnahme. Nun versucht es Peking verstärkt über den direkten Draht zur EU-Kommission in Brüssel. Allerdings nicht, weil die EU einfacher zu handhaben wäre, sondern weil sich die Einzelstaaten nicht mehr wie gewünscht instrumentalisieren lassen.
Für Europa ergibt sich daraus eine strategische Chance. Angesichts der zunehmenden Rivalität zwischen den USA und China könnte die EU als ambivalenter dritter Machtpol auftreten. Weder wirtschaftlich noch politisch ist sie gezwungen, sich vollständig einer Seite zuzuwenden. Dies Karte versucht China nun aktiv zu spielen. Anders als Washington, das zunehmend auf wirtschaftliche Abschottung und Technologiesanktionen setzt, spekuliert China auf europäische Offenheit und Gesprächsbereitschaft.
Fazit: Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte. Das ist eine große Chance für die EU, die sich als Akteur zwischen den USA und China positionieren könnte - auch wenn das gegenüber den USA konfliktträchtig ist. Die jüngsten Verhandlungen zeigen aber, dass China auf klare und geeinte europäische Positionen reagiert. Wenn Europa strategisch denkt, wird es das Momentum für sich nutzen können.