Das Ende der Einkaufszentren
Die meisten Einkaufszentren in Europa und Nordamerika stehen endgültig vor dem Aus. Schon der Aufstieg des Online-Handels hat ihnen mächtig zugesetzt. Jetzt kommen sie durch die Lockdowns endgültig in Existenznöte. Schon jetzt sieht es für die meisten größeren Einkaufszentren schlecht aus. In der Vergangenheit war das 4. Quartal des Jahres meist die umsatzstärkste Zeitspanne. Doch dieses Jahr kann davon nicht die Rede sein. Coronavirus-bedingt bleiben die meisten Zentren wochenlang größtenteils geschlossen.
Viele Zentren werden nach den Lockdowns nicht mehr öffnen. Denn zahlreiche Läden sind nach monatelangen Corona-Problemen am Ende. Ihnen bleibt nur noch die freiwillige Liquidation oder Pleite. Intu, der mit Abstand größte Besitzer dieser Zentren in Großbritannien ist bereits finanziell am Ende. Der Erzkonkurrent Hammerson ist nicht besser dran. Westfield in London, das größte Einkaufszentrum in einer europäischen Großstadt, bemüht sich mit allen Kräften darum, zu überleben. Das Unternehmen bittet derzeit die Anleger um weitere 3,5 Mrd. Euro Kapital. Zugleich wird versucht, kleinere Zentren und andere Beteiligungen im Wert von 4 Mrd. Euro zu veräussern. So will das Management genügend Mittel für die Schuldenreduzierung in die Hand bekommen.
USA und UK am stärksten betroffen
Die Vereinigten Staaten und Großbritannien machen derzeit den meisten Anteilseignern von Einkaufszentren die größten Sorgen. Auf dem Kontinent sieht es noch nicht ganz so übel aus. Doch die Probleme sind überall ähnlich. Die Mieter der Zentren zahlen nur noch schleppend – oder im Falle der Insolvenz überhaupt nicht mehr. Die Folge werden Einnahmerückgänge für die Zentren von 50% bis 70% am Ende des Jahres sein.
Drohbriefe an die Mieter oder Klageandrohungen haben wenig Erfolg. Und 2021 wird aus derzeitiger Sicht als voraussichtlich ähnlich schlecht eingeschätzt. Als Daumenregel gilt: Ist die Hälfte der Mieter pleite, ist Schluss. Nach britischem Recht müssen die Mieter stets auch die Grundsteuer zahlen. Und der Druck der finanziell klammen Gemeinden auf die Zahlungspflichtigen ist erheblich – trotz einzelner temporärer Erleichterungen.
Was tun mit den Flächen?
Besitzer der größeren britischen wie auch amerikanischen Einkaufszentren sind häufig Versicherungen oder Pensionskassen. Ihr Spielraum für finanzielle Zugeständnisse an die Zentren ist gering. Das gilt auch für bedeutende Hypothekengeber.
Die Center-Manager überlegen nun fieberhaft, was mit den vorhandenen Bauten und Anlagen geschehen kann. Problem: Die gute Idee allein nützt nichts. Für die Umgestaltung muss zunächst einmal eine ganze Menge Geld in die Hand genommen werden. Und das steht nur selten zur Verfügung.
Frühere Einnahmen wohl nicht mehr erzielbar
Als einigermaßen vielversprechend gilt nach wie vor die gemischte Nutzung der Zentren. Ein Teil der Ladenflächen wird zu Restaurants, Hotels, Wohnungen oder auch kleinen Büros umgebaut. Aber auch diese Nutzungsmöglichkeiten sind derzeit durch Covid erheblich eingeschränkt. Es ist also eine Wette auf eine pandemiefreie Zukunft ohne Lockdowns. Andere Flächen werden zu Sportstätten umgewandelt. Schließlich werden auch noch so genannte Experimentierflächen in die neue Nutzung eingeplant.
Hammerson in Großbritannien überlegt, Kellergeschosse, Parkplätze etc. zu Lagerhäusern oder auch in so genannte Distributionszentren für den Online-Handel umzugestalten. Nachteil: Beides erhöht den Nutzfahrzeugverkehr zu und von den Zentren erheblich. Das bereitet sowohl den Kommunen als auch den Betreibern beträchtliche Sorgen. Und: Die Einnahmen aus den verschiedenen neuen Nutzungsmöglichkeiten dürften auch längerfristig hinter dem zurückbleiben, was gut geführte größere Einkaufszentren in der Vergangenheit erwirtschaften konnten.
Fazit: (Mit-)Eigentümer stehen in nächster Zeit vor schwierigen Entscheidungen. Sie werden überlegen müssen, ob sie Gelder nachschießen. Und für welche Nutzung. Echte Erfolgsrezepte gibt es unter den neuen Bedingungen noch nicht. Renditeerwartungen müssen deutlich reduziert werden.