Das Image-Risiko der Biokunststoffe
Biokunststoffen droht ein ähnliches Schicksal wie dem Biospirt. Sie könnten bald unter die Räder einer öffentlichen Tugenddebatte kommen. Denn sie stehen nolens volens in Konkurrenz zum Nahrungsmittelanbau. Die Flächen dafür sollen nach Aussagen der Wissenschaft im Zuge des Klimawandels immer geringer werden. Und das bei einer weiter zunehmenden Weltbevölkerung.
Biokunststoff, das ist Plastik, das aus Pflanzen hergestellt wird. Also eigentlich eine gute Sache. Anders als Plastik aus Kunstsstoff kann dieser nach der Verwendung wieder abgebaut werden. Noch ist der Anteil der Ackerfläche, die für den Anbau von Pflanzen für die Kunststoffherstellung benötigt wird, mit 0,02% oder etwa einer Million Hektar der weltweiten Ackerfläche (etwa 4,7 Mrd. ha) verschwindend gering. In den nächsten Jahren wird er aber stark steigen. Denn aktuell gelten Biokunststoffe bei vielen Verbrauchern als umweltfreundlich. Unternehmen können mit ihrer Nutzung ihre CO2-Bilanz verbessern.
Etwa 7% der Ackerflächen würden benötigt, um alle Kunststoffe durch Biokunststoffe zu ersetzen
Um die weltweite Produktion von etwa 359 Mio. t Kunststoff (2018) auf Biokunststoffe umzustellen, würden etwa 7% der weltweiten Ackerflächen benötigt. Das ist extrem viel! Blicken wir kurz zurück: Bereits 2007/08 und dann nochmals 2010 bis 2013 stiegen die Preise für Nahrungsmittel stark an. Der Grund: In diesen Jahren wurde ein schnell steigender Anteil davon als Energierohstoff genutzt. Damals ging es jedoch nur den vergleichsweise geringen Anteil von weniger als 1% der Anbaufläche, die für Energiepflanzen genutzt wurde.
Der Agrarmarkt ist extrem schwankungsanfällig. Eine schon länger bestehende hohe Nachfrage aus Schwellenländern wie China und Indien und schwache Ernten hatten die Preise damals zusätzlich getrieben und so in armen Ländern zu verstärkter Mangelernährung geführt.
Pflanzen für Biokunststoff in Monokulturen angebaut
Kunststoff aus Pflanzen führt zu weiteren Problemen. Wie bei Energiepflanzen führt der Anbau in Nähe der weiterverarbeitenden Kunststoff-Anlagen zu einem günstigeren Endprodukt. Daher kommt es zu großen Monokulturen in ganzen Regionen. Mit den üblichen Folgen: weniger Fruchtfolgen, also häufiger Anbau derselben Pflanzen für mehrere Jahre in Folge. Das führt zu weniger Artenvielfalt bei Pflanzen, Insekten und Vögeln und zu einem Nährstoffmangel der Böden und zu stärkerer Bodenerosion.
Viele Biokunststoffe verrotten nicht
Viele der Biokunststoffe sind nicht biologisch abbaubar. Obwohl bei ihrer Produktion weniger CO2 als bei der Herstellung aus Erdöl ausgestoßen wird, lösen sie das Problem des Plastikmülls nicht. Denn in ihrer chemischen Struktur sind viele Biokunststoffe mit solchen aus Erdöl identisch, etwa Bio-PET. Einige der Biokunststoffe, die verrotten, benötigen dafür Bedingungen, die selbst von speziellen Kompostieranlagen kaum eingehalten werden können.
Fazit: Biokunststoffe werfen viele neue Probleme auf. Sie sind damit nicht die Lösung für die Umweltprobleme der Kunststoffindustrie, als die sie häufig dargestellt werden.