Das Pfund mit schwerer Belastung
Großbritannien | GBP
May ohne Mehrheit im Kabinett
Die britische Politik belastet das Pfund erheblich. Alles außer einem „harten" Brexit wäre inzwischen schon eine Überraschung. Die von Premierministerin May favorisierte enge Anlehnung an die Zoll-Union der EU wurde von der Brexiteer-Mehrheit im Kabinett abgelehnt, ohne dass eine Alternative erkennbar wäre. Die EU-skeptische Mehrheit hatte schon im Vorfeld Mays Pläne von ihren Partei-"Freunden" als „verrückt" (Johnson) und „schwachsinnig" (Rees-Mogg) abqualifiziert. Diese Mehrheit unter den Tories will einen kompletten Bruch mit der EU, um volle Freiheit für den Abschluss eigener Handelsabkommen mit dem Rest der Welt zu erhalten.
Indes ist die internationale Position der Briten schon jetzt schwach. Die britische Regierung kann sich nicht einmal zu offener Kritik, geschweige denn effektivem Widerstand gegen den demonstrativen Bruch der Hongkong-Abkommen durch China entschließen. In dieser Hinsicht beruht die Politik der Brexiteers unverändert auf Illusionen, wie dem Versprechen auf 350 Mio. Pfund wöchentlich zusätzlicher Mittel für den nationalen Gesundheitsdienst NHS durch die gesparten Zahlungen in die EU-Kasse. Vorerst bestimmt aber der innenpolitische Erfolg durch eine harte Haltung gegenüber Brüssel die Machtverteilung innerhalb der Tories. Somit können die EU-Gegner problemlos durch Obstruktion ein Abkommen verhindern, um damit ihr Ziel des Bruchs mit der EU zu erreichen.
Das Pfund leidet zusätzlich unter der ungünstigen Zinsperspektive. Die Stütze durch erwartete Zinserhöhungen wird schwach, weil sich die Konjunktur abgekühlt hat und die Währungshüter erkennbar vorsichtiger geworden sind. So lag das Wachstum im 1. Quartal laut erster Schätzung bei nur noch 0,1% zum Vorquartal. Und damit noch deutlich unter den ohnehin bescheidenen Erwartungen (Konsens +0,3%).
Fazit: Wachsende Brexit-Risiken und schwächere Zinsaussichten drücken das Pfund, das zunächst gegen 0,90 Pfund/Euro tendieren wird.