Deglobalisierung auf dem Vormarsch
Die Globalisierung ist auf dem Rückzug – und das nicht nur wegen Donald Trump. Still und leise holen immer mehr (deutsche) Unternehmen Produktion an ihre angestammten Sitzen zurück – aller Klimahysterie und hohen Standortkosten zum Trotz. Der KOF-Globalisierungsindex der ETH Zürich flacht bereits seit 2015 ab. Schon im letzten Indexjahr 2016 stieg der Globalisierungsgrad nur noch leicht an.
Die Verlagerungsaktivität ist (und bleibt) auf dem niedrigsten Niveau seit Mitte der 1990er Jahre. Das ergab eine Umfrage der Hochschule Karlsruhe für Technik Wirtschaft unter rund 1.500 deutschen Betrieben. Besonders betroffen: der Fahrzeugbau, aber auch Datenverarbeitung und optische und elektronische Erzeugnisse.
Unternehmen bewerten Lieferketten neu
Lokale Wertschöpfungsketten konkurrieren zunehmend mit den bislang dominierenden globalen Wertschöpfungsketten. Deren inhärentes Merkmal ist es, Produktion in Niedriglohnländern und Konsum in kaufkräftigen Märkten zu trennen. Während das deutsche Planungs- und Klagerecht, die Personalkosten, die Nähe zum Kunden und die Erschließung von Märkten Unternehmen außer Landes treiben, fühlen sich Firmen durch die Faktoren Flexibilität und Lieferfähigkeit, Qualität und die Auslastung von Kapazitäten zurückgezogen. Die Arbeitskostenvorteile von Niedriglohnländern verlieren an Bedeutung. Skaleneffekte werden dagegen wichtiger. Das begünstigt Rückverlagerungen.
Industrie 4.0 als zentraler Faktor für Rückverlagerungsaktivitäten
Bedeutender Faktor für die Rückverlagerungsaktivitäten ist die Industrie 4.0. Vor allem gibt es einen klaren positiven Zusammenhang zwischen der Nutzung von Technologien zur digitalen Vernetzung der Produktion (Industrie 4.0) und der Rückverlagerungsneigung der Betriebe (Automatisierungs- und Flexibilisierungseffekte), beschrieb zuletzt Prof. Steffen Kinkel beim Petersberger Industriedialog die Situation. Die Nutzung von Digitalisierungstechnologien für die Industrie 4.0 führt zu einer erhöhten Flexibilität bei kleinen Seriengrößen. Das ermöglicht eine individualisierte Produktion und bietet Anreize für Unternehmen, die Produktion in der Nähe ihrer europäischen Kunden zu halten bzw. zu bringen.
Zunehmend zeigen sich zugleich die Nachteile und Risiken globaler Lieferketten. Instabilitäten und Störungen, lange Vorlaufzeiten, unbefriedigende technische Fähigkeiten und Qualitätsstandards der Lieferanten, kulturelle Unterschiede und Kommunikationsprobleme sowie versteckte Kosten machen den Firmen im Ausland zu schaffen.
Aber die Relation muss im Blick bleiben: Auf jeden dritten Verlagerer von Produktion kommt ein Rückverlagerer. Bei international agierenden Konzernen ist das Verhältnis sogar 9:1. Zulieferfirmen sind bei Rückverlagerungen eher zurückhaltend. Exportintensive Firmen sind da aktiver, um ihre Upstream- Wertschöpfungsketten zu verkürzen.
Fazit
Was zurückgeholt wird, wird meist automatisiert. Daher sind direkte Beschäftigungseffekte eher gering. Indirekte Arbeitsplatzeffekte können aber durchaus relevant sein, wenn inländische Zulieferer stärker in die lokalen Wertschöpfungsketten einbezogen werden.