Der (politische) Preis fürs Klima steigt an
Die EU steht vor dem ersten großen Glaubwürdigkeitstest in Sachen Klimapolitik. Denn sie muss sich schon bald zwischen wirtschaftlicher Prosperität, Arbeitsplätzen und Klimaschutz entscheiden. Seit Ende Oktober 2020 ist der Preis für börsengehandelte CO2-Verschmutzungszertifikate (EUA, European Union Allowances genannt) stark gestiegen. Und zwar um 136% von 23 Euro auf 54,34 Euro (am 18.5.2021).
Der Preisschub kam viel schneller, als von den zuständigen Politikern erwartet. Sie rechneten damit, dass solche Preise erst nach 2025 erreicht werden. Und erwarteten, dass die Industrie bis dahin neue Verfahren zur CO2-Einsparung entwickelt haben würde. Von den CO2-Emissionen im Handelssystem stammen in Deutschland etwa drei Viertel aus Kraftwerken und nur etwas über ein Viertel von der Industrie.
Unternehmen leiden unter dem hohen CO2-Preis
Der Konflikt spitzt sich nun zu. Entweder verhindert die EU die weitere Verteuerung der Zertifikate – und kassiert damit ihre Klimaziele. Oder sie nimmt Arbeitsplatzverluste in Kauf. Denn jene Unternehmen, die jetzt schon in das europäische Handelssystem eingebunden sind, leiden stark unter den hohen Kosten. So etwa die Zementhersteller, die Glas-, Keramik-, Papier- und die Chemieindustrie. Die Rettung des insolventen Papierherstellers Zanders scheiterte Ende April an den Kosten für die Emissionsrechte.
Besonders für die Stahlerzeuger steigen die Ausgaben. Noch überdeckt die hohe Nachfrage nach Stahl die daraus entstehenden Probleme. Aber schon bald werden die hohen Zertifikats-Preise dazu führen, dass europäische Hersteller ihre Produktion trotz Nachfrage nicht ausweiten. Letztlich könnten sie zu Schließungen von Stahlwerken führen. Und das würde wiederum erhebliche Arbeitsplatzverluste nach sich ziehen. Ein Szenario, das die Politik unbedingt verhindern will.
Hohe Dauer-Subventionen drohen
Die EU hat zwei Optionen auf die Situation zu reagieren:
- Ihre Klimaziele zurückzunehmen und in die Preisbildung an der Börse einzugreifen.
- Oder die betroffenen Industrien mit zusätzlichen Ausgleichsgeldern (Subventionen) durchzufüttern.
Der Weg zu neuen Subventionen ist damit vorgezeichnet. Und es bietet sich sogar ein eleganter Ausweg an, nicht plump als Förderer alter Industrien zu erscheinen. Die Stahlherstellung soll in Zukunft über "grünen" (klimaneutralen) Wasserstoff geschehen. Und schon wird politisch ein Schuh draus: Man lässt die Förderung neuer Technologien zu und subventioniert so "hintenrum" die energieintensive Industrie.
Wasserstoff ist der Türöffner für die Subventionen
Erste Projekte zur Stahlerzeugung mit Wasserstoff wurden schon gestartet. Der Staat zahlt dabei einen Teil der Rechnungen für die Versuchsanlagen. Etwa bei ThyssenKrupp, Salzgitter und anderen europäischen Unternehmen. Offen sprechen die Vertreter der Stahlindustrie davon, dass sie mit Wasserstoff nur dann konkurrenzfähig produzieren können, wenn die Produktion dauerhaft subventioniert wird. Denn die Preise für Wasserstoff-Stahl liegen um mindestens ein Drittel über denen herkömmlichen Stahls.
Für den Welthandel bedeutet das nichts Gutes; eine Abschottung der großen Blöcke droht
Die neuen Subventionen werden jedoch zu Verwerfungen in der Weltwirtschaft führen. Andere Staaten wie China werden ihre Industrien mit ähnlichen Begründungen (weiter) unterstützen. Die EU kann dem dann nicht mehr plausibel widersprechen. Es droht eine Subventionsspirale mit einer starken Abschottung der großen Wirtschaftsblöcke Europa, USA und China nach außen.
Fazit: Die neuen Subventionen werden zu Verwerfungen in der Weltwirtschaft führen. Andere Staaten wie China werden ihre Industrien mit ähnlichen Begründungen (weiter) unterstützen. Die EU kann dem dann nicht mehr plausibel widersprechen. Es droht eine Subventionsspirale mit einer starken Abschottung der großen Wirtschaftsblöcke Europa, USA und China nach außen.