Die Renaissance der Kernenergie
Die Renaissance der Kernenergie zeichnet sich klar ab. Und das ungeachtet der schweren Rückschläge, die die diese umstrittene Energieerzeugung durch die Katastrophen von Tschernobyl und Fukushima hinnehmen musste. Auch die hohen Gesamtkosten scheinen keine maßgebliche Rolle zu spielen.
Als grüne Energieform gewertet
Kurios: Ausgerechnet die umweltaktivistische Bewegung trägt maßgeblich zur Renaissance bei. Denn Kernenergie hilft bei der CO2-freien Stromerzeugung. Und das drängt alle anderen Nachteile in den Hintergrund. Selbst eine Greta Thunberg spricht sich nicht gegen die Energieerzeugung durch Kernspaltung aus.
Überall dienen die nuklearen Kraftwerke vornehmlich der Stromversorgung. Dabei werden sie immer häufiger als “grün” eingestuft, weil sie keine nennenswerten Abgase ausstoßen. Frankreich bemüht sich derzeit im Zusammenspiel mit anderen europäischen Ländern, die Kernkraft generell als “grüne Energie” in der EU einstufen zu lassen (EU-Taxonomie). Das wäre ein Riesenschritt im Sinne einer Renaissance. Denn es würde die Finanzierung von Neubauten ungemein erleichtern. Zwar gibt es Widerstände, vor allem von deutscher Seite. Dennoch dürfte es gelingen.
Weltweiter Rollback
In 30 Ländern auf der Welt befinden sich derzeit 441 Kernkraftwerke im kommerziellen Betrieb. Weitere 52 sind im Bau. Darunter in Frankreich, Grossbritannien und Finnland. Bulgarien und Rumänien haben neue Kraftwerke bestellt.
Die wichtigsten Regionen in Kernkraftwerksbetrieb der Welt sind Ostasien, Nordamerika und Westeuropa. Schwerpunkte sieht man in China, Japan, Südkorea in Ostasien, in USA und Kanada in Nordamerika sowie in Frankreich und Großbritannien und Schweden in Europa. Neue Anlagen werden vor allem in China, Südkorea und Indien gebaut.
Einsames Deutschland
Deutschland geht energiepolitisch für ein Industrieland derzeit einen ziemlich einsamen Weg. Bei uns wird das letzte Atomkraftwerk Ende 2022 runtergefahren. Auch Schweden hatte schon vor 20 Jahren den Ausstieg aus der Kernenergie festgezurrt. Die schwedischen Kernkraftwerke laufen aber ungebremst weiter. Der Nachteil der Kernenergie ist heute vor allem der extrem hohe Aufwand für neue Anlagen, der sich unter anderem aus den besonders hohen Sicherheitsvorkehrungen erklärt. Neue Kernkraftwerke können – je Reaktor – bis zu 20 Milliarden Euro kosten.
Neue Techniken zur Kostensenkung
Es zeichnen sich aber neue Wege zur Kostensenkung ab. Man kommt weg von den supergroßen Reaktoren zu Kleinanlagen, die in Serie industriell gefertigt und vergleichsweise schnell vor Ort aufgebaut werden können. Großbritannien und die USA sind Vorreiter auf diesem Wege. Frankreich folgt seit kurzem. Alle drei Länder haben jahrzehntelange Erfahrungen mit dem Betrieb von Kernkraftanlagen in Unterseebooten und auf Flugzeugträgern. Derartige Anlagen sollen in modifizierter Form künftig auch Strom für die zivile Versorgung liefern. In Europa setzen bisher Grossbritannien, die Baltischen Staaten und Balkanländer planerisch auf dieses Konzept. In den USA ist es der heimische Markt sowie das Exportpotential, die locken.
In Zukunft Nukleare Fusionskraftwerke
Sowohl bei den großen konventionellen Kernkraftwerken wie auch bei den neuen Kleinkraftwerken könnte es sich allerdings um Übergangslösung handeln. Der Weg scheint zu einer anderen, dauerhaften und zugleich sicheren Stromerzeugung zu durch Nukleare Fusionskraftwerke zu führen. Sie setzen nach dem Prinzip der Sonne durch eine Kernspaltung Energie frei, die sich in Strom umwandeln lässt.
35 Unternehmen in aller Welt beschäftigen sich schon damit. Ihr Hauptproblem ist neben der Kapitalbeschaffung für die in der Entwicklung extrem teure neue Kraftwerksform ein semantisches: der Name “Nukleare Fusion”. Dabei geht es gar nicht um Kernspaltung von strahlenden Brennstoffen wie Uran.
Als relativ unbedenklich eingestuft
Die seit Jahrzehnten in der Entwicklung befindlichen Anlagen stellen kein nennenswertes gesundheitliches Risiko dar. Dass bisher trotz weit fortgeschrittener Entwicklungsarbeiten in Russland, Frankreich, Grossbritannien und den Vereinigten Staaten noch kein Nuklear-Fusions-Kraftwerk tatsächlich arbeitet, erklärt sich daraus, dass bislang der Energieeinsatz dieser Technik höher ist, als die Leistung, die erzeugt wird. Ein leistungsfähiges Nukleares Fusionskraftwerk soll in 20 Jahren arbeiten. Prototypen sollen in zehn Jahren zur Verfügung stehen.
Fazit: Die Kernenergie wird weiter eine wichtige Rolle im weltweiten Energiemix spielen. Für die Nachteile der Kernenergie gibt es bereits technische Lösungsansätze.
Hinweis: In der Online-Fassung des Artikels erhalten Sie zusätzlich viele Details zu hier beschriebenen Entwicklungen. Sie erscheint am 30.12.21 auf fuchsbriefe.de.