Die Schäden wachsen in neue Größenordnungen hinein
Die Versicherungswirtschaft richtet sich bereits auf den nächsten "Extremschaden" nach Corona ein. Gerechnet wird mit einer zweiten, weltumspannende Coronavirus-Epidemie noch im Herbst dieses Jahres. Doch Extremschäden könnten die Versicherungswirtschaft auch in Form anderer Viren treffen. Etwa Cyberattacken bisher ungekannten Ausmaßes. Oder Naturkatastrophen (Überschwemmungen), die über alles bisher Dagewesene deutlich hinausgehen.
Die Branche will auf solche Schäden rechtzeitig vorbereitet sein. "Corona" war für sie so etwas wie ein Erweckungsereignis. Der weltweite direkte Schaden der ersten Coronavirus-Epidemie wird auf mehr als 200 Mrd. Dollar veranschlagt. Schlimmer schätzen die Versicherer jedoch die gesamtwirtschaftlichen Folgeschäden durch den Ruin von Zehntausenden von Unternehmen ein.
Gemeinsam sind wir stark
John Neil, CEO von Lloyds of London, ruft die Branche daher bereits zu verstärkter Zusammenarbeit auf: der Unternehmen untereinander, der Unternehmen mit den jeweiligen Staaten und schließlich grenzüberschreitend. Neill: “Wir müssen eine gemeinschaftliche Lösung finden. Sie muss bis zur zweiten Corona-Welle stehen. Und bis dahin haben wir nur Wochen, nicht Monate”. Neil hat wegen des möglichen Schadenumfangs und der erforderlichen Eile Gespräche mit dem britischen Schatzamt aufgenommen. Ins gleiche Horn stoßen Aviva-Chef Maurice Tulloch und der RSA-CEO Stephen Hester.
Auf den Britischen Inseln gibt es schon Vorbilder für ein solches gemeinschaftliches Vorgehen. Eines davon ist Pool Re. Die Gesellschaft wurde 1993 für die Abwicklung der terrorismusbedingten schweren Schäden – verursacht durch die irische IRA oder Anschläge von Terrorgruppen aus dem Nahen Osten – geschaffen. Ähnliches gibt es für Hochwasser- oder Sturmflut-Schäden. Die möglichen Geschädigten schließen dabei normale Versicherungsverträge ab. Das Terror- oder Hochwasser-Risiko wird dann vom Versicherer an Pool Re übertragen. Pool Re kauft anschließend die Rückversicherung gegen große Schäden vom britischen Schatzamt.
Prämienberechnung als Problem
Eine vergleichbare Lösung wie für Hochwasser- und Terrorismus-Schäden schwebt den britischen Versicherern auch für die befürchteten Extremschäden vor. Das Problem sind die Prämien. Denn (künftige) Extremschäden sind kaum zu quantifizieren. Der Staat selbst will auch nicht unbegrenzt haften. Somit muss die Haftung für entsprechende Ereignisse gedeckelt werden.
Fazit: Extremschäden könnten bald die Finanzkraft der Versicherungswirtschaft überfordern. Daher werden verstärkt die Staaten mit einspringen müssen.