Es bleibt in der Familie
Bei einem privaten Steuerzahler ist jeder Verkauf von Beteiligungen an Kapitalgesellschaften im Privatvermögen steuerpflichtig. Einzige Voraussetzung: Der Steuerzahler ist mit mindestens 1% an der AG oder GmbH beteiligt oder war es zumindest in den letzten fünf Jahren vor dem aktuellen Verkauf. (Es gilt § 17 Einkommensteuergesetz „Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften“).
Seit 2009 gilt das "Teileinkünfteverfahren“. Das heißt: 40% des Gewinns sind steuerfrei, 60% normal steuerpflichtig. Das gilt entsprechend auch bei Zugehörigkeit einer Beteiligung zu einem Betriebsvermögen. Der aus der Veräußerung dieser Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft erzielte Erlös führt nicht zu Einkünften aus selbständiger Arbeit (gem. § 18 Einkommensteuergesetz), wenn die Beteiligung nicht zum Betriebsvermögen der freiberuflichen Tätigkeit gehört.
Im Urteilsfall erwarben der Kläger und Familienangehörige mittelbar, unter Zwischenschaltung einer GbR eine Beteiligung an einer GmbH. Für diese erbrachte der Berater auch Beratungsleistungen. Ziel war es, die GmbH, eine Holdingsgesellschaft, in nächster Zeit mit maximalem Gewinn zu veräußern. Die anderen Investoren der GmbH legten auf die Beratung durch den Kläger vor allem deswegen größten Wert, weil dieser früher für einen Wettbewerber der GmbH gearbeitet hatte. Deswegen verfügte er über exzellente Branchenkenntnisse und ein entsprechendes Netzwerk.
Der Verkauf wurde realisiert. Der Mann versteuerte den Gewinn teilweise steuerfrei nach § 17 Einkommensteuergesetz. Den Gewinn der ebenfalls an der GmbH beteiligten Ehefrau musste das Ehepaar seiner Auffassung nach nicht versteuern, weil die Beteiligung der Frau an der GmbH unter 1% lag.
Steuerfahndung schaltet sich ein
Nach einiger Zeit trat die Steuerfahndung auf den Plan. Sie kam zu dem Ergebnis, die Beteiligung an der GmbH gehöre beim Kläger zum freiberuflichen Betriebsvermögen. Die Investoren hätten dem Kläger für seine Arbeitsleistung im Hinblick auf das Herbeiführen eines erfolgreichen Exits eine erfolgsabhängige Vergütung in Form eines anteiligen Exiterlöses gewähren wollen. Zur Erreichung dieses wirtschaftlichen Zieles habe der Kläger zusammen mit der Klägerin und der gemeinsamen Tochter die GbR gegründet. Der Kläger habe das zur Gründung der GbR notwendige Kapital der Klägerin und seiner Tochter geschenkt und dadurch den Anteilserwerb sichergestellt. Darin liege eine unangemessene Gestaltung, die durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nichtsteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen sei.
Nach § 42 Abs. 1 Satz 2 der Abgabenordnung entstehe der Steueranspruch so, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen Gestaltung entstünde. Als solche angemessene Gestaltung sei im Streitfall die Vereinbarung einer erfolgsabhängigen Vergütung des Klägers in Form eines anteiligen Exiterlöses anzusehen. Hierzu habe der Kläger der Holding ein unverzinsliches, nachrangiges Arbeitnehmerdarlehen gewährt. Die aufgrund des Verkaufs von der Holding an die GbR geleisteten Zahlungen stellten Betriebseinnahmen des Klägers dar, die im Jahr des Zuflusses voll zu versteuern seien (also nicht teilweise steuerfrei seien).
BFH urteilt im Sinne des Angeklagten
Finanzgericht und der BFH gaben aber dem Mann Recht. Dieser habe die Beteiligung in erster Linie nicht mit dem Ziel erworben, die Beratungstätigkeit zu fördern oder erst zu ermöglichen. Sie diente auch nicht dem Zweck, neue Beratungsaufträge für eine selbständige Tätigkeit hinzuzugewinnen.
Hauptziel war die Wertsteigerung der Anteile
Hauptziel sei eine Wertsteigerung der Anteile gewesen. Die Beteiligung hatte ein eigenständiges wirtschaftliches Gewicht. Sie stellte deshalb nicht lediglich ein Hilfsgeschäft zu der selbständigen Beratungstätigkeit des Unternehmensberaters dar.
Wie schon das FG stufte auch der BFH die Beteiligung nicht als Betriebsvermögen der freiberuflichen beratenden Tätigkeit ein. Der Kläger musste den Veräußerungsgewinn daher nicht im Rahmen des § 18 EStG, sondern unter Berücksichtigung des Teileinkünfteverfahrens nach § 17 EStG versteuern.
Fazit: Hier hat offenbar jemand vorher nachgedacht, bevor er sein Schachtelkonstrukt innerhalb der Familie für eine Beteiligung aufsetzte.
Urteil: BFH, VIII R 21/17