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Die Bundesregierung hat nur diesen Schuss frei

Es muss wummen

Die Ausgaben steigen. Copyright: Pixabay
Nochmal kommen Zahlen auf den Tisch, die einen leicht schwindelig werden lassen. Nicht mehr so sehr, wie noch vor einigen Jahren – denn wir sind ja dank der Zentralbanken große Zahlen gewöhnt – aber schon noch ein Stückchen. Der Staat verschuldet sich erheblich, um den GAU zu verhindern. Wie dünn das Eis ist, zeigt ein Blick in die Daten.
Jetzt gilt’s! Die Staatsausgaben werden um 353 Milliarden Euro erhöht. Zusätzlich gibt der Staat Garantien von 820 Mrd. Euro. Ja, da hat Olaf Scholz recht: Das ist ein Wumm. Und die EZB wummt noch mal hinterher. Sie will weitere 600 Mrd. als Anleihenkaufprogramm drauflegen. Damit finanziert sie Kredite, die – nicht der deutsche – Staat aufnimmt. Die Börsen feiern die gewaltigen Geldspritzen und schalten voll auf Optimismus. Die Ökonomen signalisieren weitestgehend Zustimmung. Somit alles in Butter? Keineswegs!

Wir sollten nicht übersehen, was der Hintergrund für die Konjunkturpakete ist: die Furcht vor dem Abgleiten von der Rezession in die Depression! Das Ruder soll mit Macht herumgerissen werden. Die Politik hat nur den einen Schuss frei. Er muss also sitzen. Denn der Pulverturm ist jetzt leer.

Extrem hohe Sparquote

Sowohl in der Zentralbank als auch bei der Politik (BMWi) wirft man misstrauische Blicke in Richtung Sparquote. Die ist extrem hochgeschnellt und bewegt sich Rekordständen. Nicht nur bei uns. Hier ist die Sparquote laut Bundesbank von 9,7% im 4. Quartal 2019 auf 16,7% im ersten Quartal 2020 gestiegen. Fürs zweite Quartal, also die Monate April bis Juni, prognostiziert die Commerzbank einen Anstieg auf bis zu 20%. Auch im Konsumland Nr. 1, den USA. Die privaten Haushalte sparten im April 33% der verfügbaren Einkommen – nach 12,7% im März und um die 3% in 2005. Einmal aus Angst um den Jobverlust. Zum zweiten legten sie die einmaligen Sonderzahlungen der Regierung lieber auf die hohe Kante, statt sie ins Kaufhaus zu tragen.

Das im Verein mit einer Inflationsrate nahe null. Da gehen überall die Warnlampen an. Genau darauf zielt die Mehrwertsteuerabsenkung für sechs Monate von 19% auf 16%. Sie soll dafür sorgen, dass die Geldbörsen wieder aufgemacht werden.

Düstere Lage bei Auftragseingängen

Nächster Punkt: die Auftragseingänge. Sie sind die Arbeit von morgen. Da herrscht Ebbe. Im März gingen sie im Verarbeitenden Gewerbe um 16% gegenüber Vorjahr zurück, im zuvor boomenden Bauhauptgewerbe um 10,3%. Und nun kommt der Verband der Maschinenbauer VDMA mit dem nächsten Knieschuss für die Konjunktur: Der Auftragseingang verfehlte im April sein Vorjahresniveau real um satte 31%. „Das ist der stärkste Rückgang seit der Finanzkrise 2008/2009“, sagte VDMA-Chefvolkswirt Dr. Ralph Wiechers. Die Inlandsorders gingen um 25% zurück. Die Auslandsbestellungen fielen sogar um 34% – und zwar sowohl aus Euroland wie aus Drittländern. Im weniger schwankungsanfälligen Drei-Monats-Zeitraum Februar bis April 2020 sank der Auftragseingang um real 14% zum Vorjahr.
Und die Privatbank Donner & Reuschel hält fest: Nur in China lagen die Einkaufsmanagerindizes für das Verarbeitende Gewerbe leicht über der Marke von 50. Der Wert signalisiert eine wirtschaftliche Expansion in den kommenden Monaten. Sowohl in den USA als auch in der Eurozone liegen die Werte zumeist zwischen 30 und 40. Und damit immer noch weit von klarer Zuversicht entfernt. In vielen Schwellenländern beginnen die Auswirkungen von Corona gerade erst zu wirken.

Arbeitsmarkt gerade noch stabil

Was noch einigermaßen beruhigt ist der Arbeitsmarkt. Jedenfalls auf den ersten Blick. Die Arbeitslosigkeit stieg im April auf 6,3%. Vor einem Jahr lag sie bei 4,9%. „Dafür, dass Deutschland in der schwersten Rezession der Nachkriegsgeschichte steckt, ist das eine sehr, sehr moderate Entwicklung“, kommentiert DWS. In den USA dürfte am Freitag eine Arbeitslosenquote von rund 20% veröffentlicht werden.
Der Erfolg ist in erster Linie der massiven Inanspruchnahme von Kurzarbeitergeld geschuldet. Im März und April wurden für über 10 Mio. Arbeitnehmer Kurzarbeitergeld vorangemeldet. Das betrifft also jeden dritten sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Die Unterbeschäftigung wird also „versteckt“. In der Hoffnung, dass es schnell wieder bergauf geht.

Fazit: Die Politik geht aufs Ganze wie selten zuvor. Die Lage zeigt, wie nötig das ist. Es darf nichts schief gehen. Die Pferde müssen schnell wieder saufen.

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