Evergrande zeigt China-Risiko
Ausländische Anleihegläubiger haben im chinesischen System nur wenig Chancen an ihr Geld zu kommen. Das müssen sie im Fall des mit mehr als 320 Milliarden Dollar Schulden belasteten, chinesischen Immobilienentwicklers Evergrande auf schmerzliche Weise lernen.
Chinesischer Immobilienboom geplatzt
Anleihen wurden von den großen Banken und Finanzhäusern der Wall Street unterstützt und oft über Hongkong mit seinem verwestlichtem Rechtssystem und Anlegerschutz ausgegeben. Sie stellten eine finanzielle Brücke zwischen China und der übrigen Welt her, boten jedoch keine der Sicherheiten, die normalerweise mit Schuldtiteln verbunden werden, wenn der Boom zur Pleite wird.
Die internationale Investmentgemeinschaft wollte auf der Annahme eines steigenden Immobilienmarkts an Chinas Immobilienboom teilhaben. Darauf weisen Umstrukturierungsspezialisten in Asien hin. Chinesische Immobilienunternehmen sahen darin zugleich einen Weg zu Liquidität zu gelangen.
Strukturelle Nachrangigkeit als Methode
Evergrande verließ sich auf eine Struktur, die in vielen Schwellenländern üblich ist. Anleihen wurden von einem speziell geschaffenen Vehikel außerhalb Chinas, oft auf den britischen Jungferninseln, an internationale Investoren verkauft. Das Unternehmen schickte dieses Geld an Tochtergesellschaften nach China. Um den Verpflichtungen gegenüber seinen eigenen Investoren nachzukommen, verließ sich das Unternehmen jeweils auf die Dividenden dieser Tochtergesellschaften.
Laut S&P in Hongkong wird diese Methode als „strukturelle Nachrangigkeit“ bezeichnet. Dabei entstehen im Rahmen einer einzigen Transaktion verschiedene Klassen von Schulden, die bei der Rückzahlung unterschiedliche Prioritäten haben. Im Falle eines Zahlungsausfalls können meist nur begrenzte Ansprüche geltend gemacht werden. Entscheidend ist, dass nie Klarheit darüber herrschte, wie genau das Geld von einzelnen Projekten in China zu den Offshore-Vehikeln floss. Fragen der rechtlichen Verpflichtungen wurden übersehen.