Fed muss lavieren und Anleger rätseln
Die Lage an den Finanzmärkten bleibt unübersichtlich. Zwar geht die Inflation in den USA zurück, in der Kernrate steigt sie aber. Das führt dazu, dass die Fed in ihrer Geldpolitik lavieren muss. Zugleich warnen die Notenbanker vor diversen Risiken.
Die Börsen stochern sich weiter unsicher durch den wabernden Konjunktur- und Zinsnebel. In den USA ist die Entwicklung auf Seiten der Inflation genau so verlaufen, wie wir vorige Woche schon prognostiziert hatten (FK vom 5.4.). Die US-Inflationsrate ist deutlich rückläufig (auch aufgrund des einsetzenden Basiseffekts) - was die Börse mit steigenden Kursen quittierte. Die Kerninflation ist aber weiter gestiegen, was sofort die Spekulation über weitere Zinsschritte ausgelöst hat. Daraufhin gingen die Kurse der Aktien wieder nach unten.
Das Statement der US-Notenbank Fed hat den rätselnden Investoren auch keine klare Sicht gebracht. Denn einerseits ist die Fed zuversichtlich, dass die Inflation weiter rückläufig sein wird. Aber sie macht sich weiter Sorgen über den nach wie vor gegenläufigen Trend der Kerninflation. Darum hat sich die Fed alle Wege offengehalten und betont, dass "nicht bei jeder Zinssitzung" die Leitzinsen steigen müssten.
Fed muss weiter rauf
Die Zins-Botschaft ist an den Märkten angekommen und der Wind hat erneut gedreht. Statt einer Zinspause - wie noch vor einer Woche - erwartet die Mehrheit der Beobachter nun doch wieder mit einem Zinsschritt um 25 Basispunkte durch die Fed. Die Spekulationen über den Beginn der Zinspause wurden jetzt in Richtung Jahresmitte verschoben.
FUCHS-Kapital geht davon aus, dass die Fed weiter lavieren und auf Sicht fahren wird. Sie muss keine Entscheidung fällen, bei der sie sofort von einem Zinspfad auf den anderen einschwenkt. Die Fed kann auch im weiteren Verlauf "die Entwicklungen beobachten und angemessen reagieren", so dürfte das Statement klingen. Das bedeutet: Die Märkte sollten sich darauf einrichten, dass die Fed auch dazu gezwungen sein könnte, die Zinsen im Jahresverlauf weiter zu erhöhen, auch wenn sie vorher einmal pausiert hat.
US-Stagflation voraus
Die Abschätzung der Fed-Politik wird umso unsicherer, weil die Notenbank auch vor "Gefahren im Bankensystem" gewarnt hat. Zugleich rechnen die US-Geldhüter nun mit einer Rezession in den nächsten sechs Monaten. Auch das dürfte, wenn es so eintrifft, die Inflation bremsen. Ob die Fed aber dann bereits die Zinsen wieder schnell zurücknehmen kann, bezweifeln wir. Die Wahrscheinlichkeit für ein Stagflations-Szenario, in dem die Zinsen vergleichsweise hoch bleiben müssen, nimmt zu.
Untermauert wird das Stagflations-Szenario durch den Internationalen Währungsfonds (IWF) und die Weltbank. Die Institutionen haben auf ihrer Frühjahrstagung die Wachstumsraten für etliche Länder reduziert. Für die Welt wird noch ein BIP-Wachstum von 2,8% erwartet. Das ist relativ wenig und wackelig, angesichts steigender Zinsen und politischer Unsicherheiten.
Berichtssaison: Wie kommen Unternehmen mit hoher Inflation zurecht?
Die kommenden Wochen der Berichts-Saison müssen nun zeigen, wie die Unternehmen mit den steigenden Preisen zurecht kommen. Langfristige Erfahrungen zeigen, dass Aktienmärkte in einem dauerhaften Inflations-Umfeld bis etwa 5% noch gut laufen. Denn vielfach sind die Unternehmen dann noch in der Lage, Preissteigerungen sukzessive zu überwälzen und teilweise sogar die Margen zu erhöhen (Gewinn-Inflation). Das könnte zumindest eine Stütze für die Aktienkurse sein.
Fazit: Wir halten die Börsen kurzfristig für fast ausgereizt. Das Potenzial für weitere Kursgewinne (bis zu den Allzeithochs) ist begrenzt. Zudem sehen wir keine starken neuen fundamentalen Kurstreiber. Anleger sollten Teilgewinne realisieren und Positionen absichern. Neue Käufe stehen erst an, wenn die Börsen neue Allzeithochs erreichen oder zurückgesetzt hat.