Abes stumpfe Pfeile
Den „Abenomics“ droht das Scheitern. Die Maßnahmen beinhalten zu viele ungelöste Zielkonflikte.
Es mehren sich die Anzeichen für ein Scheitern der „Abenomics“. Dieser Begriff bezeichnet die Wirtschaftspolitik von Japans Premierminister Shinzo Abe. Sie fußt auf ultralockerer Geldpolitik, massiv ausgeweiteten Staatsausgaben und Strukturreformen. Mit diesen von Abe als „drei Pfeile“ bezeichneten Maßnahmen sollte die Wirtschaft Nippons wieder in Schwung gebracht werden. Allerdings scheinen Abes Pfeile stumpf und somit unwirksam zu sein. Das jüngste Beispiel liefern die aktuellen Zahlen zur Handelsbilanz. Trotz der massiven Yen-Abwertung springen die japanischen Exporte nicht an. Der niedrige Yen-Kurs wirkt sich in Summe kaum preissenkend auf die Exporte aus, weil sich mit der Yen-Abwertung gleichzeitig die Importpreise deutlich verteuern. Da dies vor allem Rohstoffpreise sind, wirkt das über die Herstellungskosten auf die Exportpreise zurück. Die Yen-Abwertung durch die aggressive Notenbankpolitik ist für Japans Exportwirtschaft ein Nullsummenspiel. Seit dem Tsunami von März 2011 liegt Japans Handelsbilanz kontinuierlich im negativen Bereich. Daran zeigt sich auch immer deutlicher, dass die Yen-Aufwertung bis 2012 nicht die Hauptursache für die Verschlechterung in der Handelsbilanz war. Aus dieser Konstellation erwächst ein neues Problem auf der Finanzierungsseite. Verschiedene Prognosen gehen davon aus, dass Japan 2014 und 2015 erstmals seit 34 Jahren ein Defizit in der jährlichen Leistungsbilanz ausweisen wird. Das heißt: Japan wäre stärker auf Kapitalzuflüsse aus dem Ausland angewiesen. Um diese zu akquirieren, wird das Land höhere Zinsen bieten müssen. Hier zeigt sich der nächste Zielkonflikt: Zu hohe Zinsen wären Gift für den Staatshaushalt. Der ist auf niedrige Zinsen angewiesen. Die politisch angestrebten Niedrigzinsen werden aber nun zu einem ernsthaften Problem für die Versicherungsgesellschaften. Der staatliche Pensionsfonds (GPIF) wird im Jahr 2015 laut japanischem Gesundheitsministerium erstmals ein jährliches Defizit von ca. 35 Mrd. US-Dollar ausweisen. Die Einnahmen reichen also nicht mehr aus, um die laufenden Pensionsverpflichtungen zu decken. Der Fonds hat darum bereits begonnen, von japanischen Staatsanleihen in Aktien und ausländische Anleihen umzuschichten. Diese Strategie belastet aber den Staatshaushalt, weil ein relevanter Käufer für Staatsanleihen ausfällt. Auch die allmählich steigende Inflation – der bisher einzige Erfolg der Abenomics – reicht den Pensionskassen noch nicht, um die nötige Rendite zu erwirtschaften. Allerdings führt sie dazu, dass die japanischen Unternehmen ihre riesigen Cash-Bestände (ca. 2 Bio. US-Dollar) abbauen. Wohin dieses Geld fließt und mit welchen Effekten, ist aber noch nicht absehbar. Für Japan und die Abenomics wäre es extrem wichtig, dass dieses Geld in Japan investiert wird. Es besteht aber auch das Risiko, dass die japanischen Unternehmen das Kapital rentierlicher außerhalb Japans anlegen.
Fazit: Japan läuft die Zeit davon. Es wird immer unwahrscheinlicher, dass die Maßnahmen der Abenomics zum Erfolg führen. Dafür beinhalten sie zu viele ungelöste Zielkonflikte.