Bundesregierung nutzt die Finanzierungsschwäche der Türkei
Berlin zieht Ankara die Daumenschrauben an. Die Bundesregierung, so ist zu erfahren, hat die Freilassung deutschen Menschenrechtsaktivisten Peter Steudtner durch finanziellen Druck beschleunigt. Dazu hat Berlin einfach den Geldhahn gedrosselt. Die Regierung hat die Finanzierungsmöglichkeiten türkischer Adressen bei der KfW, der Europäischen Investitionsbank in Luxemburg (EIB) und der Londoner EBRD weitgehend blockiert.
Mit im Boot sind die Geschäftsbanken. Es zeigt sich ein informelles Einverständnis, die Kreditanfragen aus der Türkei restriktiver zu behandeln. Das können die Banken auch problemlos mit dem gewachsenen Ausfallrisiko begründen. Eine Sprecherin der KfW wollte uns die Informationen weder bestätigen noch dementieren. E-Mail-Anfragen an die EIB und die EBRD sind bislang nicht beantwortet.
Lücken in türkischer Wirtschaft
Die Türkei ist an dieser Stelle äußerst verwundbar. Das wurde gerade erst durch einen Vortrag des Chefs der türkischen Notenbank, Murat Çetinkaya, im Rahmen des jüngsten IWF-Weltbank-Treffens deutlich. Demnach reicht seit April 2016 der Kapitalimport der Türkei – die Summe aus Direktinvestitionen, langfristigen Finanzanlagen und Portfolioinvestitionen – nicht mehr aus, um das Defizit der Leistungsbilanz zu finanzieren. Die bis Februar 2017 reichenden Daten deuten auf eine Lücke von etwa 10 Mrd. Dollar/Jahr. Tendenz wachsend. Die türkische Wirtschaft bleibt also auf zwischenstaatliche Transfers oder Kredite angewiesen.
Zugleich wächst das Risiko einer Finanzkrise bei den türkischen Unternehmen. Sie haben einen hohen Teil ihrer Verbindlichkeiten in fremder Währung (vor allem Euro) aufgenommen. Diese Schulden haben sich in den letzten 12 Monaten um rund 25% erhöht. Allein schon durch die Abwertung der Lira.
Fazit: Die Importnachfrage der Türkei dürfte bald nachlassen. Das Risiko von Verzögerungen und Ausfällen türkischer Schuldner steigt deutlich.