Die gefährliche Blaupause
Im Windschatten der Verhandlungen über das Freihandelsabkommen mit den USA unterzeichnen die EU-Kommission und Kanada ein ähnliches Abkommen. Die Folgen sind noch unklar.
Am 25. September könnte die EU-Kommission mit dem Segen der Bundesregierung alle roten Linien für das TTIP-Abkommen auflösen. Dann will die Kommission das Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Kanada (CETA) unterzeichnen. CETA gilt als die Blaupause für das zurzeit in Verhandlungen befindliche Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA (TTIP). Pikant: CETA beinhaltet alle bisher bekannten Kritikpunkte gegenüber TTIP. Juristen und Handelsexperten schlagen deshalb Alarm. Kommission und Bundesregierung wollen den Abkommens-Text schnell durch die Instanzen peitschen. Darauf weisen mehrere Umstände hin. Seit Anfang August liegt der endgültige Text vor. Der CETA-Entwurf wurde jedoch „weder offiziell veröffentlicht, noch den Parlamentariern des Europäischen Parlaments oder nationalen Parlamentariern übersandt“, so die ehemalige Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD). Die Bundesregierung hat den Entwurf im August zwar an die Länder weitergeleitet. Für ihre Rückäußerungen haben sie aber nur bis Ende August Zeit bekommen. Mitgeliefert wurde auch der klare Hinweis: „Umfassende Änderungsanträge“ seien „nicht mehr zielführend“. Auf unsere Anfrage konnte das Justizministerium „nicht quantifizieren“, welche Einwände aus den Bundesländern bisher eingegangen sind. Die Einwände dürften jedoch gravierend ausfallen. Die größten Bedenken betreffen das Investitionsschutzkapitel. Kommt es in der jetzigen Form, können private ausländische Investoren vor geheim tagenden Schiedsgerichten Staaten verklagen – und damit lokale Gesetze aushebeln. Das für die Koordination zuständige Bundeswirtschaftsministerium hat Antworten auf Einwände der Opposition auf seiner Webseite veröffentlicht. Alle Bedenken über die sogenannte Präjudizwirkung des Kapitels für künftige Abkommen und einhergehende Gefahren für den demokratischen Handlungsspielraum werden dort bagatellisiert. Für die deutsche Wirtschaft bringt das Abkommen zwar große Vorteile, aber es ist nicht umsonst zu bekommen. Juristen bezweifeln die Sicherung hoher gemeinsamer Standards. Das betreffe beinahe alle Regulierungsbereiche und bringe Wettbewerbsnachteile. Außerdem gebe es kritische Formulierungen über die mögliche Rückübernahme einmal privatisierter Dienstleistungen in die öffentliche Verantwortung.
Fazit: Sollte das CETA-Abkommen ratifiziert werden, sind die Einwände für das TTIP-Abkommen mit den USA gleich mit abgeräumt.