Die russischen Handelssanktionen gegen die EU im Zuge der Auseinandersetzung um die Ukraine dürften größtenteils im Sande verlaufen. Denn mit der Eurasischen Zollunion hat Russland das Tor zu Umgehungsmöglichkeiten weit geöffnet. Russland sorgte 2009-10 für die Abschaffung gleich aller Zollkontrollen an den Grenzen zu Kasachstan und Weißrussland. Beide Länder sind neben Russland bisher die einzigen Mitglieder der Zollunion. Astana und Minsk haben sich allerdings nicht den russischen Sanktionen gegenüber „dem Westen“ angeschlossen.
Die weißrussische Wirtschaftselite um Präsident Alexander Lukaschenko reibt sich schon die Hände angesichts der sich bietenden Geschäftsmöglichkeiten. Ein hoher Beamter aus dem weißrussischen Agrarministerium freut sich bereits über eine erhöhte Nachfrage aus Russland nach Lebensmitteln. Der östliche Nachbar (Einwohnerzahl 10 Mio.) hat jedoch nur begrenzte Kapazitäten, aus eigener Produktion polnische Äpfel, französischen Käse oder Fleisch und Milch aus Finnland zu ersetzen.
Weißrussland wird daher als „Hub“ für europäische Waren auf dem Weg nach Russland dienen. Diese werden mit einem Handelsaufschlag an die Nachfrager ins angrenzende Bruderland weiterverkauft.
Auch über Kasachstan dürften EU-Waren nach Russland wandern. Das zentralasiatische Land kennt sich da aus. Als Moskau die Republik Moldau, die Ukraine oder Georgien mit Sanktionen belegte, stand Kasachstan stets als Weiterverteilzentrum für sanktionierte Produkte aus diesen Ländern nach Russland bereit.
Immer deutlicher wird, wie sich Russland mit den Gegensanktionen selbst schadet. Einerseits werden die Hersteller aus der EU, die bestraft werden sollten, ihre Waren dennoch Richtung Russland absetzen. Andererseits werden diese nur mit einem Preisaufschlag das Land erreichen – und dort die Inflation anheizen. Experten erwarten einen Inflationszuwachs von mindestens 1,5 Prozentpunkten. Preisauftrieb kommt auch durch Ersatzlieferungen aus Südamerika. Russland ist gerade dabei, erste Lieferverträge mit Brasilien, Argentinien und Chile für Fleisch und Obst abzuschließen. Diese galten für Russland in „Friedenszeiten“ als zu teuer.
Fazit: Vor allem Russlands gut betuchte Schicht will nicht auf deutsche Würstchen und spanischen Schinken verzichten. Exporteure können Weißrussland und in manchen Fällen Kasachstan als Transit-Märkte für ihre Waren nutzen. Prüfen Sie alternativ die Türkei als Brückenland.