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Aus den Schulden herauswachsen?

Die Illusion der Politik

Schild mit Aufschrift Exit. Copyright: Pexels
Deutschland, Italien, Spanien, Frankreich, die USA, Japan ... sie alle sind hoch verschuldet! In der Coronakrise haben die Regierungen nochmal eine ordentliche Schippe auf den Schuldenberg drauf gepackt. Nun wollen sie dem "entwachsen". Doch das wird nicht funktionieren ...

Aus den Schulden herauswachsen – das ist das Mantra der Regierungen, die unglaubliche Summen zur Bewältigung der Krisenkaskade – Finanzkrise, Klimakrise, Coronakrise, demnächst Demografiekrise – bereitstellen. Doch es gibt wenig Anhaltspunkte, dass das – ausgerechnet bei einer sich deutlich verschlechternden Bevölkerungsstruktur – gelingen kann. Die erfreulichen Konjunkturprognosen für das kommende Jahr beruhen auf Nachholeffekten. Für die Zukunft setzen sie keinen Trend. Im Gegenteil:

Wachstum ist seit Jahren rückläufig

Der Wachstumstrend in Euroland ist seit vielen Jahren auf dem absteigenden Ast. Und das trotz (oder wegen) historisch niedriger Investitionskosten (Zinsen). Zwischen 1961 bis 2020 lag das Wachstum im Euroraum in Schnitt bei 2,4%. Teilt man den Zeitraum jedoch in eine Phase vor und nach Einführung des Euro, sind die Ergebnisse wenig überzeugend. Bis 1998 wuchs Eurolands Wirtschaft im Schnitt um (real) 3,2% p.a., wie eine Analyse des Goldhändlers Degussa zeigt. Von 1999 bis 2020 betrug das jahresdurchschnittliche Wachstum müde 1,0%.

Geradezu schockierend wird das lahme Wachstum, stellt man den finanziellen Aufwand in Rechnung, der dafür betrieben wurde. Seit Einführung des Euro betrug die durchschnittliche Wachstumsrate der Geschäftsbankbilanzen 4,2 Prozent pro Jahr – und war damit 1,6 Mal so hoch wie das nominale Wirtschaftswachstum in Höhe von jahresdurchschnittlich 2,6%. In der gleichen Zeit lag die Wachstumsrate der EZB-Bilanz sogar bei 9,9%.

Stark ausgeweitete Bilanzsummen

Die Bilanzsumme der Euro-Geschäftsbanken erreichte mit 37,4 Billionen Euro im Oktober 2021 einen Höchststand. Gleiches gilt auch für die EZB-Bilanzsumme mit gut 12 Billionen Euro. Zusammen beträgt also die Bilanz des Euro-Bankenapparates 49,4 Billionen Euro, analysiert Degussa. Damit beträgt die Euro-Bankenbilanz im dritten Quartal 2021 etwa 407% des BIP des Euroraums. Zur gleichen Zeit entsprach der US-Bankenapparat nur 132% des US-amerikanischen Bruttoinlandsproduktes.

Ein Exit ist kaum möglich

Das Problem: Selbst wenn die Geldpolitik es wollte, so leicht lässt sich der gewaltige Kreditüberhang gar nicht zurückbauen. Denn: „Eine Verringerung der Geldmenge würde tendenziell zu einem Abwärtsdruck auf die Güterpreise führen“, so Degussa-Chefvolkswirt Thorsten Polleit. Das Szenario: Ein Absinken der Güterpreise würde die Gewinne der Unternehmen reduzieren und es ihnen erschweren, ihren Schuldendienst zu leisten. Sinkende Löhne würden Immobilienbesitzer, die mit Krediten finanziert haben, unter Druck setzen. Banken würden notleidende Kredite und Kreditausfälle verbuchen, die sie vorsichtig(er) bei der Neukreditvergabe werden lassen. Und versiegt der Zufluss von neuen Bankkrediten und neuem Geld, ist die „große Krise“ da: Viele große Schuldner – allen voran Staaten und Banken – müssten die Hand heben, Bankrott anmelden.

Davon ab: Europas Banken sind die Hungerleider im internationalen Bankgeschäft. Die Eigenkapitalverzinsung der Euro-Geschäftsbanken dürfte laut Degussa bei etwa 6% liegen. Die Kapitalkosten der Banken würden dagegen auf 8 bis 10% geschätzt.

Schwere Zeiten für Geschäftsbanken

Bei einer anämischen Wirtschaft sinkt tendenziell die Kreditnachfrage. Den Geschäftsbanken wird das Geschäftsmodell entzogen. Somit müssten nach den Gesetzen einer Marktwirtschaft zahlreiche Banken aus dem Wirtschaftsleben ausscheiden. Doch die EZB hat – allen anderen Äußerungen zu Trotz – dem Bankapparat eine implizite Bestandgarantie eingeräumt (Praxisbeispiel: Die italienische Banca Monte dei Paschi di Siena). Sie sollen nicht fallieren, denn das würde möglicherweise das gesamte europäische Finanzgebäude zum Einsturz bringen.

Der Staat als aktiv eingreifender Akteur

An die Stelle der Privatunternehmen tritt der Staat. Wir haben in unseren Anlagechancen schon früh auf die europäische Staatswirtschaft aufmerksam gemacht. Dies ist ein Trend, der sich derzeit selbst verstärkt. Corona und die Klimakrise haben die Staaten zu gewaltigen Wirtschaftsakteuren werden lassen. Man kann auch von einer Sozialisierung des Wirtschaftssystems sprechen. Der Staat hat durch die neue Symbiose mit den Notenbanken eine elegante Möglichkeit gefunden, sich zu finanzieren. Die Steuererhebung, die zu ständigen Konflikten mit Interessengruppen führt, wird irrelevant, wenn die Notenbank das Geld gibt. 

Besonders elegant ist es natürlich, Brüssel zum Umverteilungs-Hub werden zu lassen. Dieser Prozess läuft schon. Das Instrument der Eurobonds ist sozusagen über Merkels Leiche zum Leben erwacht; solange sie lebe, hatte Merkel 2012 in einer Fraktionssitzung mit den damaligen liberalen Abgeordneten zur Zeit der schwarz-gelben Regierung gesagt, werde es keine Eurobonds geben. Doch mit Wortbrüchen hat es sich Merkel in ihrer politischen Laufbahn stets leicht gemacht.

Systeme im Wandel

Zugleich stabilisiert die EZB über anhaltende finanzielle Repression und die reale Geldentwertung das System, das sie selbst geschaffen hat. Faktisch ist das der Weg in den Sozialismus, mindestens aber in den Merkantilismus und Staatsdirigismus. Frankreichs alte Träume werden wahr. Dass die deutsche Politik Paris auf den Leim gegangen ist, das bewiesen die industriepolitischen Entwürfe von Ex-Wirtschaftsminister Peter Altmaier. Es gibt aber noch einen weiteren indirekten Beweis für die Degussa-These: Der enorme Erfolg der Kryptowährung Bitcoin. Solange sie können, reagieren die Marktkräfte. Sie setzen Privatgeld an die Stelle des Staatsgeldes. Kein Wunder, dass die Stimmen immer lauter werden, dies zu regulieren – oder, wie in China, zu verbieten.

Fazit: Den Schulden entwachsen, das wird nicht funktionieren. Letztendlich werden sie damit zum Katalysator für die Transformation des Wirtschafts- und Finanzsystems – Marktwirtschaft ade.

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