Politik und Versicherer entdecken Infrastrukturinvestments als Ersatz für Staatsanleihen. Für Staat und Versicherungsbranche ist es eine Win-Win-Situation: Nullzinsphase und hohe Überschussgarantien auf der Seite der Versicherer werden mit den Problemen des Staates verknüpft. Er muss das Geld für die Sanierung von Autobahnen, Schulen, Stromnetzen und Brücken aufbringen, kann das aber wegen der hohen Staatsverschuldung und der Neuverschuldungsbremse nur schwer. Ob „Juncker-Fonds“ oder Infrastrukturprogramm der Bundesregierung – die Politik will das Geld der Versicherer locker machen und dabei die Sorgen der Branche lindern.
Aktuell bringen lang laufende Staatsanleihen weniger als 1% Rendite (Umlaufrendite). Dieser Zustand soll aus Sicht der europäischen Regierungen mit ihren hohen Staatsschulden und der lahmenden Konjunktur möglichst lange anhalten. Die Versicherer dagegen stöhnen. Sie müssen bestehende Verträge bedienen und dafür durchschnittlich 3,33% Zinsen jährlich aufbringen.
Infrastrukturinvestments weisen einen Weg aus der Zinsfalle. Sie benötigen hohe Anlagevolumina: Der Staat – also der Steuerzahler – ist wie bei der Staatsanleihe der Garantiegeber für vertraglich vereinbarte laufende Zahlungen. Die Investments entlasten die Staatskassen und bilden im Grunde Schattenhaushalte, die in keiner Verschuldungsstatistik auftauchen. Und sie bringen bei gut kalkulierbarem Risiko eine deutlich höhere Verzinsung als Staatsanleihen.
Noch gibt es einige Hürden vor dem Paradigmenwechsel. Da ist die Regulierung: Sie erlaubt den Versicherern bisher, nur kleinere Anteile des Vermögens in alternative Anlagen – dazu gehört Infrastruktur – zu stecken. Und anders als Staatsanleihen müssen Infrastrukturinvestments mit Eigenkapital gepuffert werden. Das soll sich zwar ändern, wird aber noch dauern. Infrastrukturinvestments bedürfen einer umfassenden individuellen Risikoprüfung – auch das kostet Geld. Je eher die Politik dereguliert, desto schneller wird die Umschichtung in Richtung Infrastrukturinvestments laufen.
Fazit: Der Paradigmenwechsel kommt, denn alle gewinnen dabei. Der Staat entlastet sein offizielles Schuldenkonto. Die Versicherer können ihre vertraglichen Zusagen leichter bedienen. Gefahr: Je mehr die Projekte mit staatlichen (Quasi-)Garantien unterlegt werden, desto größer wird perspektivisch die Fehlallokation von Kapital.