Abflauender Rückenwind
Die Probleme für die Windenergie kommen nicht erst mit dem geplanten Ausschreibungsverfahren. Derzeit profitiert die Branche sogar von den Vorzieheffekten.
2016 wird das letzte wirklich lukrative Jahr für die deutsche Windindustrie. Bei den Turbinenbauern kommen wegen der geplanten Ausschreibungen ab 2017 derzeit Vorzieheffekte in die Auftragsbücher, sagt uns unter anderem der Hamburger Turbinenbauer Senvion. Ab dem kommenden Jahr werden nach Plänen der Bundesregierung die Windenergieprojekte zum günstigsten Preis ausgeschrieben. Der Ausbau soll dann auf 2,9 GW pro Jahr begrenzt werden. Der Rekordzubau von 4,75 GW im Jahr 2014 wird trotz Vorzieheffekt nicht übertroffen. Der hiesige Branchenprimus Enercon mit seinem Marktanteil von über 40% rechnet für 2016 mit einem Zubau von 3,5 GW. Denn neben den geplanten Ausschreibungen hat die Branche zunehmend mit der Umsetzung ihrer Projekte vor Ort zu kämpfen. Viele Länder haben zuletzt ihre Auflagen für Windenergieanlagen verschärft. Prominentes Beispiel sind die strengeren Abstandsregelungen in Bayern. Im Norden halten die Landesregierungen an ihren hohen Ausbauzielen zwar fest. Aber dort wachsen die Widerstände gegen neue Windparks direkt in den Kommunen. Immer öfter kommt es zu Verzögerungen bei den Baugenehmigungen. Schon jetzt ist bei vielen Projekten fraglich, ob der Planungs- und Genehmigungsvorlauf ausreicht, um nicht doch in das Ausschreibungsverfahren im kommenden Jahr hineinzurutschen. Durch die Umstellung auf Ausschreibungen sieht die Branche vor allem die Bürgerwindparks gefährdet. Gerade diese würden vor Ort für Akzeptanz bei den Bürgern und Kommunen sorgen. Im Wettbewerb mit den großen Projekten würden Bürgerwindparks künftig aber kaum mithalten können, so die Befürchtung. Eine Deminimis-Regelung lehnt Energieminister Sigmar Gabriel (SPD) bis dato ab. Durch das Zusammenspiel der verschiedenen Faktoren sieht Branchenprimus Enercon sogar das Klimaschutzziel der Regierung in Gefahr (feste Installation von 2,5 GW pro Jahr über das Jahr 2017 hinaus).
Fazit: Die Windenergie wird in den kommenden Jahren nicht nur vom Ausschreibungsmodell ausgebremst. Die Branche plagen zunehmend Widerstände in den Ländern und Kommunen.