Bald ist Schluss
Europa droht eine Knappheit bei metallischen und mineralischen Rohstoffen. Wie sich Unternehmen dagegen wappnen können.
Wichtige metallische und mineralische Rohstoffe werden in den kommenden Jahrzehnten in Europa nicht mehr ausreichend verfügbar sein. Entweder, weil die Vorkommen nicht mehr für den Weltbedarf ausreichen. Oder weil sie nicht mehr zu wettbewerbsfähigen Konditionen zur Verfügung stehen. Die Monopolstellung und restriktive Haltung von Hauptproduzenten wie China, USA, Brasilien, Russland, Süd-Afrika etc. sowie unterschiedlich endliche Verfügbarkeiten bedrohten die technologische und ökonomische Entwicklung der hiesigen Unternehmen. Das sollten Unternehmen bei der Produktentwicklung unbedingt beachten. Das meint eine Koryphäe auf diesem Gebiet, Prof. Gerhard Sextl am Fraunhofer Institut für Silicatforschung. Wir sprachen ihn dazu am Wochenende am Rande eines Kongresses in Wien. Europas Ressourcenproblem, insbesondere bei kritischen Rohstoffen, sollten die Unternehmen nicht unterschätzen. Denn mit der Zunahme der Weltbevölkerung (9 Mrd. in 2050) steigt der Rohstoffhunger in den nächsten Jahren und Jahrzehnten noch einmal dramatisch. Beispiele: Zur Herstellung von Displays für Laptops und Handys werden bis zu 60 chemische Elemente benötigt. Das sind fast alle der weltweit verfügbaren. Ohne Phosphor als Düngemittel für die Lebensmittelerzeugung (und für Bio-Kraftstoffe) wird angesichts einer steigenden Weltbevölkerung ein Teil derselben verhungern. Verfügbarkeit: maximal 250 Jahre. Dabei ist die Phosphorgewinnung auf wenige Länder beschränkt. Einige Lagerstätten weisen bereits starke Verunreinigungen mit Schwermetallen und Uran auf. Sextl ist vor diesem Hintergrund um drastische Worte nicht verlegen. Die Endlichkeit der Weltreserven lasse auf „apokalyptische Zustände“ schließen, warnt er. Eine Reichweite von gerade mal 17,4 Jahren hat Zink. Das Metall wird u.a. in Hautcremes sowie als Korrosionsschutz bei Fahrzeugen eingesetzt. Problem: Zink verschwindet im Abwasserkreislauf und lässt sich nicht mehr ökologisch zurückgewinnen. Indium reicht bei heutigem Verbrauch noch 4 Jahre, Silber 6, Nickel 30. Unternehmen sollten sich keinesfalls auf die EU-Ressourcenpolitik verlassen. Sie sollten ihre Rohstoff-Angelegenheiten selbst in die Hand nehmen, meint Sextl. Allein 85 Mio. Handy-Altgeräte schlummern in deutschen Schubladen – das entspricht 2t Gold, 21t Silber und 0,7t Kupfer. Der Export von Elektronikschrott sollte unterbleiben. Ziel der Unternehmen muss es sein, den Einsatz (neuer) Rohstoffe zu vermeiden, wertvolle weitestmöglich zurückzugewinnen und zu analysieren, wo sie ersetzt werden können. Viele Firmen wissen nicht, welche ihrer teuren Materialien sie rückgewinnen und verkaufen können.
Fazit: KMU sollten sich zu Verwertungsvereinigungen zusammenschließen. Beim Check von Inhaltsstoffen und Maßnahmen zur Substitution kann das Fraunhofer Institut für Silicatforschung helfen.
Infos: www.isc.fraunhofer.de, www.deutsche-rohstoffagentur.de, www.deutsche-rohstoff-plattform.de